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Immuntherapie-Knaller in Martinsried: iOmx therapeutics startet mit 40 Mio. Euro

Erst im Frühjahr gegründet, wartet der Immunonkologie-Spezialist iOmx Therapeutics AG mit einer in Deutschland selten gesehenen Erstrundenfinanzierung von 40 Mio. Euro auf.

Basis des Unternehmens ist eine Screening-Plattform, mit der tumorspezifische Checkpoint-Inhibitoren auf Krebszellen identifiziert werden können. Die Technologie wurde in der Gruppe von Mitgründer Philipp Beckhove und Vorstandsmitglied Nisit Khandelwal entwickelt (beide zum damaligen Zeitpunkt am DKFZ in Heidelberg). Prof. Beckhove hat zwischenzeitlich einen Ruf an das Uniklinikum Regensburg angenommen und leitet dort das Regensburger Centrum für interventionelle Immunologie (RCII).  Mit Hilfe des Kapitals wird iOmx Antikörperwirkstoffe gegen ein halbes Dutzend neuartiger, mittels der Technologie identifizierter und charakterisierter Targets in Eigenregie weiterentwickeln. Mindestens ein Kandidat soll bis zum Proof-of-concept gebracht werden. Wirkstoffe gegen weitere Targets sollen mit Partnern zusammen gefunden werden.

„Iomx ist eines der ersten Unternehmen, das anhand der Signatur tatsächlich vorhandener immunsupprimierender Moleküle auf der Oberfläche des Primärtumors seine Targets findet“, so Iomx-Vorstandsvorsitzender Sebastian Meier-Ewert (Foto) gegenüber |transkript (vollständiges Interview weiter unten). Dies eröffne die Chance, die Zahl der Patienten, die auf Krebsimmuntherapien ansprechen, deutlich zu erhöhen. „Das Unternehmen vereint alle Kerneigenschaften, nach denen wir gesucht haben: ein exzeptionelles Management, Wissenschaft der Weltspitze und eine transformative Technologieplattform, die das Potential hat, proprietäre effektivere Krebstherapeutika zu liefern“, so Henrijette Richter, Partner bei Sofinnova Partners und Vorsitzende des iOmx-Aufsichtsrates.

Das Fachmagazin Itranskript des Biocom-Verlages in Berlin hat in der aktuellen Ausgabe des Magazins (Erscheinungsdatum 29.9.2016) ein Interview mit CEO Meier-Ewert geführt, das wir hier freundlicherweise übernehmen dürfen:

transkript: Krebsimmuntherapien sind ein aufstrebendes Gebiet. Jetzt startet die iOmx Therapeutics AG mit einer Finanzierung, die weit über den in Deutschland üblichen Summen liegt. Was hat man richtig gemacht?
Meier-Ewert: Die iOmx in Martinsried erhält insgesamt 40 Mio. Euro. Das ist tatsächlich vergleichbar mit entsprechenden Finanzierungen der vergangenen 18 Monate in den USA. Das Gros kommt zu gleichen Teilen von der in den USA stark engagierten MPM Capital und der in Europa sehr aktiven Sofinnova Partners, ein kleinerer Teil von Wellington Partners, die sehr gut in der deutschen Biotech-Landschaft vernetzt sind, und von Merck Ventures. iOmx bewegt sich im Feld der Krebsimmuntherapien, das in den letzten fünf Jahren substanzielle Erfolge in diversen Indikationen hervorgebracht hat. Gleichwohl ist es längst nicht so, dass alle Patienten von der ersten Produktgeneration der CTLA4- oder PD1-Checkpoint-Inhibitoren profitiert hätten. Denn Tumore bremsen die Immunreaktion auf vielfältige Weise. Die wissenschaftlichen Gründer von iOmx, Philipp Beckhove und iOmx-Vorstand Nisit Khandelwal, zählten zu den Ersten, die systematisch untersuchten, was Tumore aktiv tun, um die Immunreaktion auszuschalten. Sie haben eine ganze Reihe gänzlich neuartiger Targets identifiziert, die nachweislich T-Zellen des Immunsystems inhibieren und Ansatzpunkte für die Entwicklung von First-in-Class-Antikörper-Therapeutika bieten. Die Aussicht, die Patientenpopulation, die von Krebsimmuntherapien profitiert, erheblich zu erweitern, und die Neuheit des Ansatzes ergeben ein Gesamtbild, das sehr attraktiv für Investoren erscheint.

transkript: Wo liegt der geschäftliche Schwerpunkt des Unternehmens?
Meier-Ewert: Auch mit 40 Mio. Euro kann man selbstverständlich nicht alles allein machen. Mit der von den wissenschaftlichen Gesellschaftern entwickelten und lizenzierten Screeningtechnologie für neuartige Checkpoint-Inhibitoren wurden indessen eine ganze Reihe vielversprechender Krebstargets identifiziert. Vielversprechend heißt dabei: große Prävalenz, gute Charakterisierung des Wirkungsmechanismus und ansprechbar mit etablierten Antikörperformaten. Mit dem Kapital wollen wir Arzneimittelkandidaten gegen ein halbes Dutzend ausgewählter Targets entwickeln – mindestens einen davon bis zum Proof-of-Concept. Wirkstoffe gegen weitere vorhandene Targets möchten wir gerne zusammen mit Pharma-Partnern entwickeln.

|transkript: Wie kam es zur Gründung?
Meier-Ewert: Der Firmengründung im März 2016 ging ein zweijähriger Screeningprozess voraus, in dem Patrick Baeuerle und ich nach Investitionsmöglichkeiten im Bereich Immunonkologie für MPM Capital gesucht haben. Als wir Philipp Beckhove und Nisit Khandelwal Ende vergangenen Jahres trafen, trugen sie sich schon mit dem Gedanken, eine Firma zu gründen. Man war sich schnell einig, dass sich dies mit dem Kapital und der Erfahrung von MPM erfolgreich umsetzen lassen würde. Zur Gründung haben wir zusätzlich zu diesem Quartett Elmar Maier ins Boot und in den Vorstand geholt, den ich aus vielen Jahren Zusammenarbeit im Vorstand von GPC Biotech gut kenne.

|transkript: Wie will sich iOmx im heißumkämpften Immunonkologiemarkt behaupten?
Meier-Ewert: Bevor es die erste Generation von Checkpoint-Inhibitoren gab, war es Lehrmeinung, dass das Immunsystem blind gegenüber dem Tumor ist. Anhand der CTLA4- und PD1/PD-L1-Inhibitoren erkannte man, dass durchaus T-Zellen gegen den Krebs gebildet werden, der Tumor diese aber lähmt. Auf Basis der Kenntnis der T-Zell-Biologie entstand dann die zweite Generation von Checkpoint-Inhibitoren. iOmx ist eines der ersten Unternehmen, das dieses Prinzip umkehrt und anhand der Signatur tatsächlich vorhandener immunsupprimierender Moleküle auf der Oberfläche des Primärtumors seine Targets findet. Diese weder aus der Tumorbiologie noch der Immunologie bisher bekannten Angriffspunkte unterscheiden sich in verschiedenen Tumorentitäten und Organen und wir sprechen sie gezielt therapeutisch an. Diese Herangehensweise birgt ebenfalls großes Potential, das Ansprechen von Patienten auf eine Therapie besser einzuschätzen. Biomarker und Companion Diagnostics sind daher ein fester Bestandteil unserer Entwicklungsstrategie. Es gibt mittlerweile Unternehmen, die ebenfalls diesen Ansatz verfolgen. Ich denke aber, dass wir sehr gut in diesem Feld positioniert sind.
(Das Interview führte Thomas Gabrielczyk; Quelle: |transkript, Ausgabe 10/2016, S. 16; (c) BIOCOM AG, Berlin)

[ www.transkript.de ]

Bild: Dr. Sebastian Meier-Ewert, CEO (Quelle: iomx, MPM)

Das Unternehmen hat seinen Sitz im Ortsteil Martinsried der Gemeinde Planegg in der Fraunhoferstraße.

www.iomx.de