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Martinsrieder Kooperation mit Pharma - Open Innovation im Datenmanagement

In der Arzneimittelentwicklung ist es schon lange ein  Traum: die chemischen Strukturen in einem Arzneimittel zu identifizieren, die für die Wirksamkeit verantwortlich sind. Sind solche Strukturen in einer Datenbank gespeichert, lassen sich aus ihnen neue Arzneien am Computer zusammensetzen (designen) oder Veränderungen der chemischen Struktur und ihre Auswirkungen analysieren.

Was für chemisch synthetisierte Arzneien möglich ist, gestaltet sich für biologische Wirkstoffe, wie therapeutische Antikörper (>20.000 Atome) schwieriger. Denn diese Moleküle sind bis zu tausendmal größer und komplizierter aufgebaut. Neuere Antikörperwirkstoffe weichen zudem vom klassischen Aufbau aus leichten und schweren Proteinketten ab. „Es gab keine Software, die systematisch komplexe Antikörper automatisch beschreiben konnte“, erklärt Stefan Klostermann vom Roche Innovation Center Penzberg. Der Bioinformatiker und seine Kollegen aus anderen Pharmafirmen sowie dem mittelständischen Software-Experten quattro research aus Martinsried veröffentlichten eine Lösung, von der alle Arzneimittelhersteller profitieren sollen: den HELM Antibody Editor.

Basis des Systems ist „HELM“ – (Hierarchical Editing Language for Macromolecules), eine neue Schreibweise für Makromoleküle. Diese wurde von der Pistoia-Allianz veröffentlicht und erhielt auf der Bio-IT World Conference & Expo 2014 den „Best Practice Award“. Die Pistoia-Allianz, ein Zusammenschluss von etwa 100 Unternehmen der Pharma- und Biotechnologiebranche, hat ein gemeinsames Interesse: die Beseitigung von Innovationsbarrieren. „Wir haben HELM so angepasst, dass das System sich auf Antikörper und alle davon abgeleiteten Formate anwenden lässt“, sagt Klostermann. „Mit Hilfe des HELM Antibody Editors erhalten wir eine grafische Darstellung aller Funktionseinheiten  und ihrer Anordnung. Auch alle zusätzlichen Verbindungen innerhalb und zwischen den Antikörperketten werden automatisch erkannt. Das Molekül entspricht nach dieser Bearbeitung dem Endprodukt. Das System stellt aber nicht nur Proteindomänen, Mutationen oder Funktionsmodule dar, sondern liefert eine exakte Beschreibung aller Atome, Bindungen und deren Anordnung im Antikörper.“

Neben dem Erfassen und Visualisieren kann das entwickelte Softwarepaket mit einem weiteren selbstentwickelten Systembaustein noch mehr. „Wir können neue Teile in Antikörper einfügen, in Datenbanken gespeicherte Funktionseinheiten abrufen und damit einen neuen Antikörper mit optimierten Eigenschaften entwerfen“, so Klostermann. Bevor ein Antikörperwirkstoff in einer Datenbank gespeichert werden kann wird ermittelt, ob er schon vorhanden ist und erhält dann eine eigene Kennung. Von der Antikörperregistrierung profitieren auch andere internationale Pharmakonzerne, die das System einsetzen wollen. Künftig könnte sogar die Dokumentation entsprechender Wirkstoffe gegenüber den Zulassungsbehörden darauf basieren. Klostermann: „Mit der Veröffentlichung des HELM Antibody Editors geben wir etwas zurück an die Pistoia-Allianz. Das System kann nun im Interesse Aller weiter optimiert werden.“ 

http://www.pistoiaalliance.org/draft-hierarchical-editing-language-for-macromolecules-helm/       

Weitere Links

http://www.pistoiaalliance.org/helmantibodyeditorreleased/

https://pistoiaalliance.atlassian.net/wiki/pages/viewpage.action?pageId=13795371

 

Das  Bioinformatiker Team:

Roche Innovation Center Penzberg
Stefan Klostermann
Clemens Wrzodek
Pandu Raharja (Trainee)

quattro research GmbH, Martinsried

Bernhard Schirm
Marco Lanig
Anne Mund (Trainee)

BridgingIT GmbH, Mannheim
Stefan Zilch

Quelle: Roche Diagnostics, Penzberg