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Pharmagipfel: Holetschek für Opt-Out Modell zu Daten aus der elektronischen Patientenakte

Pharmagipfel Bayern Holetschek

Gesundheitsminister Klaus Holetschek © StMWi/E. Neureuther

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek und Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert möchten Bayern als Pharmastandort stärken und die Rahmenbedingungen für eine sichere Arzneimittelversorgung verbessern. Dazu haben die beiden Politiker in Martinsried ein entsprechendes Papier unterzeichnet. Dieses sieht eine Vielzahl ganz konkreter Maßnahmen vor, darunter die Stärkung des Patentschutzes und Vereinfachung von Verwaltungsprozessen sowie ein Opt-Out Modell zur Nutzung von Daten aus der elektronischen Patientenakte (ePA) für Forschungszwecke.

Die Maßnahmen in der nun fortgeschriebenen Gemeinsame Erklärung des Bayerischen Pharmagipfels müssten jetzt auf Bundesebene umgesetzt werden, denn Ausgaben für Arzneimittel seien Investitionen in die Gesundheit. Unterzeichner seitens der Pharmaverbände sind der Bundesverband der Arzneimittelhersteller e.V. (B.A.H), die Biotechnologie-Industrie-Organisation Deutschland e.V. (BIO Deutschland), der Landesverband Bayern des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI), Pro Generika e.V. und der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa).

Konkret sprechen sich die Politiker und Pharmaverbände für folgende Maßnahmen aus:

  • Stärkung des Patentschutzes
  • Vereinfachung von Verwaltungsprozessen
  • Nutzen von Gesundheitsdaten für Forschung & Entwicklung
  • Rahmenbedingungen für neuartige Therapien verbessern
    Kräfte bündeln im Kampf gegen Krebs

Staatssekretär Roland Weigert erklärte hierzu: "Wir müssen unsere Arzneimittelindustrie weiter stärken. Die Herausforderungen bei Forschung und Produktion sind groß. Das hat die Pandemie einmal mehr gezeigt. Es kommt jetzt auch auf entschlossenes Handeln der zukünftigen Bundesregierung an. Für eine innovative und resiliente Arzneimittelindustrie brauchen wir geeignete Rahmenbedingungen. Besonders wichtig sind der Erhalt des Patentschutzes als Innovationsanreiz und Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die klinische Forschung, die durch überbordende Bürokratie behindert wird. Zur klinischen Forschung werden wir in einer Arbeitsgruppe noch weitere Vorschläge entwickeln."

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek unterstrich: "Die Corona-Pandemie hat eindrücklich gezeigt, wie wichtig eine stabile Versorgung mit qualitativ hochwertigen und innovativen Arzneimitteln ist. Dafür setzen wir uns auch weiterhin intensiv ein: Der schnelle Zugang von Patientinnen und Patienten sowohl zu innovativen Therapien als auch zu bewährten Arzneimitteln muss auch in Zukunft gewährleistet bleiben. Die Gemeinsame Erklärung enthält deshalb konkrete Vorschläge zur Erhöhung der Versorgungssicherheit. Gleichzeitig haben wir die Forschung im Blick: Um sie zu verbessern, brauchen wir eine möglichst breite Basis an Gesundheitsdaten. Denn klar ist: Je mehr wir wissen, desto bessere Therapien können entwickelt werden. Die Gemeinsame Erklärung schlägt daher ein Opt-Out Modell vor: Daten aus der elektronischen Patientenakte (ePA) sollen zu Forschungszwecken genutzt werden können – es sei denn, die Patientin oder der Patient entscheidet sich gegen eine Nutzung der ePA oder für eine Löschung der Daten. Die Versicherten sollen ihre Daten also ganz klar weiterhin selbst in der Hand haben."

Aus Sicht der forschenden Pharmaunternehmen betonte Chantal Friebertshäuser, Vorsitzende der Geschäftsführung MSD Sharp & Dohme GmbH als Landesbeauftragte des vfa: "Jetzt ist die Zeit, gezielt zukunftsfähige Strukturen zur Verbesserung der Versorgung von Patientinnen und Patienten zu schaffen und den Pharmastandort Bayern für die Zukunft zu stärken. Dazu gehörten auch die allgemein geforderte Bereitstellung pseudonymisierter Patientendaten und Auswertung auch mittels Künstlicher Intelligenz für Forschungszwecke."

Oliver Kirst, Geschäftsführer Servier Deutschland GmbH und Vorstand des BPI-Landesverbands Bayern erklärte dazu: "Die standardisierte Weitergabe von Gesundheitsdaten aus der elektronischen Patientenakte an das Forschungsdatenzentrum würde eine fundiertere Versorgungsforschung ermöglichen und damit wertvolle Erkenntnisse für eine noch bessere Gesundheitsversorgung liefern."

Das sah ebenfalls so Dr. Peter Heinrich, Geschäftsführer der Sinfonie Life Science Management GmbH und Vorstand der BIO Deutschland fügte: "Um zu gewährleisten, dass unsere Unternehmen im internationalen Wettbewerb weiterhin eine Spitzenposition einnehmen, müssen wir jetzt dringend die Digitalisierung in der Medizin voranbringen und vor allem auch den Forschern aus der Industrie, den Zugriff auf Gesundheitsdaten ermöglichen, selbstverständlich unter Berücksichtigung der europäischen Datenschutzrichtlinien. Nur so können wir das Ziel einer personalisierten Medizin zum Wohle der Patientinnen und Patienten erreichen."

Den Aspekt der Versorgung mit rezeptpflichtigen wie auch rezeptfreien Arzneimitteln hob BAH-Vorstandsvorsitzender Jörg Wieczorek, Geschäftsführer Hermes Arzneimittel GmbH hervor: Um auch in Zukunft eine sichere und verlässliche Arzneimittelversorgung zu gewährleisten, brauche es Anpassungen insbesondere bei den sozialrechtlichen Steuerungsinstrumenten, wie die Mehrfachvergabe bei Rabattverträgen, ein Auslaufen des Preismoratoriums und ein Verzicht auf die Substitution von Biologika in Apotheken. Dazu wäre ein Bürokratieabbau dringend notwendig."

Das Thema Arzneimittelversorung griff auch Wolfgang Späth, Vorsitzender Hexal AG und Vorstandsvorsitzender von Pro Generika die Bedeutung der Arzneimittelversorgung auf: "Die Stabilität der Versorgung ist eines der drängendsten Arzneimittelthemen unserer Zeit. Das hat auch der Bayerische Pharmagipfel bestätigt. Durch COVID-19 haben wir alle gelernt, wie sehr es in der Krise auf Arzneimittel ankommt und wie fragil unsere Versorgung sein kann. Nur eine Modifikation der Rabattverträge kann dem entgegen wirken. Es darf – so ein Ergebnis des Gipfels – nicht mehr nur um den billigsten Preis gehen. Auch Kriterien zugunsten von mehr Liefersicherheit müssen berücksichtigt werden. Mit Blick auf Biologika sollte die Pandemie uns ebenfalls eine Lehre sein. Denn hier führt die Politik mit der automatischen Substitution genau das Instrument ein, das die Generika-Versorgung destabilisiert hat. Die Forderung, diesen Schritt noch einmal zu überprüfen, begrüßen wir deshalb ausdrücklich."

Unter Moderation von BioM soll der Austausch zwischen den an der klinischen Forschung beteiligten Stellen in Unternehmen und (Universitäts-)Kliniken in weiteren Arbeitstreffen im Rahmen einer Neuauflage des Runden Tisches „Klinische Forschung“ unterstützt werden. Hierbei gilt es, weitere Verbesserungsmaßnahmen zu identifizieren und zu realisieren.

Weitere Informationen:
Gesundheitsministerium und Wirtschaftsministerium schreiben die Gemeinsame Erklärung zum Bayerischen Pharmagipfel fort - Holetschek und Weigert: "Die künftige Bundesregierung muss jetzt entschlossen handeln, um Arzneimittelforschung und -produktion zu stärken"