Am 9. und 10. April 2025 wurde Heidelberg zum Zentrum der deutschen Biotechnologie: Die Deutschen Biotechnologietage (DBT), ausgerichtet von BIO Deutschland und dem Gastgeber-Cluster BioRN, verzeichneten in diesem Jahr Rekordzahlen mit rund 1100 Teilnehmenden – ein deutliches Signal für die Dynamik der Branche. Unter dem Motto „vereint handeln“ setzten die DBT 2025 wichtige Impulse für die Zukunftsfähigkeit des Biotechnologiestandorts Deutschland und Europa.
Biotechnologie als strategischer Wachstumsmotor
In ihrer Eröffnungsrede unterstrich Dr. Julia Schaft, Geschäftsführerin von BioRN, die Rolle Heidelbergs als einer der führenden Life Science Hubs Europas – mit einer dichten Konzentration internationaler Unternehmen, einer exzellenten Forschungslandschaft und wachstumsstarken Start-ups. Angesichts geopolitischer Umbrüche rief sie dazu auf, die gegenwärtige Neuordnung der Welt als Chance zu begreifen: „Neben der Stärkung des Biotechnologiestandorts Deutschland müssen wir die Stärkung des Biotechnologiestandorts Europa gleich mitverhandeln.“ Gerade jetzt gelte es, europäische Synergien zu nutzen und neue internationale Talente in offene Innovationsökosysteme wie das Rhein-Neckar-Cluster einzubinden.
Oliver Schacht, Vorstandsvorsitzender von BIO Deutschland, plädierte ebenfalls für eine entschlossene Neuausrichtung: Die Schwächung des US-amerikanischen Wissenschaftssystems müsse als historisches Zeitfenster genutzt werden, um Deutschland und Europa als Forschungs- und Innovationsstandorte zu stärken. „Wir müssen die Weichen für die Biotechnologie als strategisch wichtige Querschnittsbranche stellen“, betonte Schacht. Zudem forderte er eine Biotech-Agenda auf höchster politischer Ebene und deutliche Investitionen in Produktionskapazitäten und bürokratischen Abbau.
AI in Biotech: Great Hope or Great Hype?
In der Session "AI in Biotech: Great Hope or Great Hype?" auf den Deutschen Biotechnologietagen 2025 in Heidelberg diskutierten führende Vertreter aus Industrie und Forschung zum Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in den Lebenswissenschaften. Unter der Moderation von Prof. Hannes Rothe (Universität Duisburg-Essen) reflektierten BioMs Managing Director Prof. Ralf Huss mit Christiane Bardroff (Rentschler Biopharma), Dr. Stephan Brock (Molecular Health) und Prof. Søren Gersting (Iniuvas) sowohl die aktuellen Möglichkeiten als auch die Herausforderungen beim Einsatz von KI in der biomedizinischen Forschung und Entwicklung. Im Mittelpunkt standen zentrale Fragen: Was ist wirklich neu?
Das Panel war sich einig: KI ist längst Realität und prägt zunehmend den Alltag biotechnologischer Forschung, Diagnostik und Wirkstoffentwicklung. Gleichzeitig wurde betont, dass die Entwicklung der Technologie häufig noch unterschätzt wird – wir erleben derzeit möglicherweise eher eine „Underhype“ als einen Hype. Voraussetzung für das volle Potenzial bleibt jedoch der Zugang zu hochwertigen, korrekt annotierten Daten. Die Qualität der Daten bildet die Basis jeder KI-Anwendung.
Innovation aus Bayern: Lumatix Biotech erhält Innovationspreis der BioRegionen
Im Rahmen der Konferenz wurde zudem der Innovationspreis der BioRegionen Deutschlands verliehen. Unter den Preisträgern: Lumatix Biotech aus Garching bei München. Das junge Unternehmen entwickelt eine neuartige Plattform zur lichtgesteuerten Affinitätschromatografie – ein Verfahren zur Aufreinigung monoklonaler Antikörper, das ohne den Einsatz von Chemikalien auskommt.
Ausgezeichnet wurden außerdem Sweethoven Biotech aus Bonn für deren Zuckeralternativen auf Ballaststoffbasis, Ymolution aus Greifswald für die Entwicklung von veganen Antikörpern.
Den Publikumspreis erhielt Panosome aus Heidelberg mit ihrer Plattform zur Herstellung von Impfstoffen und Antikörpern.
Impulse für eine innovationsorientierte Gesundheitswirtschaft
In ihren Keynotes gaben Dr. Claudia Fleischer (Roche Diagnostics Deutschland) und Jens Holstein (BioNTech SE) zentrale Denkanstöße zur Zukunft der Biotechnologie in Deutschland.
Fleischer betonte, dass Innovation als Investition und nicht als Kostenfaktor verstanden werden müsse. Um vorhandenes Wachstumspotenzial besser zu nutzen, brauche es eine klare, ressortübergreifende Innovationsstrategie sowie eine enge Verzahnung von Wissenschaft, Industrie und Politik.
Holstein stellte den Mut zu unternehmerischem Handeln in den Vordergrund. Fortschritt erfordere die Bereitschaft, Risiken einzugehen, Prioritäten zu setzen und Synergien konsequent zu nutzen. Geschwindigkeit und Skalierbarkeit seien entscheidende Erfolgsfaktoren – besonders in Zeiten dynamischer Veränderung.
Ausblick auf 2026: Nächste Deutsche Biotechnologietage in Leipzig
Zum Abschluss der Deutschen Biotechnologietage 2025 erfolgte die symbolische Staffelstabübergabe von Julia Schaft (BioRN) an André Hofmann, Geschäftsführer von biosaxony. Damit wird das Branchentreffen im kommenden Jahr in Leipzig fortgeführt.