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Deutsche Biotechnologietage in Wiesbaden - Nur zusammen kommen wir weiter

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Auf den Deutschen Biotechnologietagen in Wiesbaden trafen sich wieder die Akteure der Branche – für gute Diskussionen zu Zukunftsthemen, zum Netzwerken, für gute Gespräche. Die Themen waren vielfältig. Die Meinungen einstimmig: wir müssen etwas tun, sektorübergreifend und gemeinsam, um den Standort Deutschland attraktiv zu halten.

Aufgrund der Pandemie war das Klassentreffen der Biotechnologie von BIO Deutschland erst mit drei Jahre Verspätung in der hessischen Landeshauptstadt möglich. Welche Leistungen und Bedeutung die deutsche Biotechnologie im Kampf gegen COVID-19 erbrachte, verdeutlichte Dr. Oliver Schacht in seiner Begrüßung. Gleichzeitig vermisste der Vorstandsvorsitzende vom Verband BIO Deutschland die Chance auf einen internationalen Biotechnologiestandort. Es herrsche ein Umsetzungsdefizit in Deutschland und es seien dringend „mehr Zeitenwende, mehr Wumms für die Biotechnologie“ nötig.  

Dass Deutschland hier seine Chancen wahrnehmen muss, nahm auch Dr. Philipp Nimmermann, Staatssekretär im Hessischen Wirtschaftsministerium, auf. Es sei nicht die Intention der Politik, die Forschung hierzulande zu vergraulen, wie die FAZ kürzlich titelte. Man müsse schneller werden, bei der Zulassung und mit Hilfe der Digitalisierung. Gesundheitsdaten sparen Zeit, somit werde man auch wirtschaftlicher.

Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellte in seiner Ansprache die herausragende Rolle der Biotechnologie für die Souveränität Deutschlands heraus. Man dürfe aber nicht mehr nur bestaunen, sondern müsse Probleme lösen. „Die Transformation ist eine gemeinsame Aufgabe“ und eine Verzahnung der Bereiche notwendig.

In seiner Keynote forderte Prof. Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung von Sanofi-Aventis Deutschland, Technologieoffenheit, auch gegenüber Gentechnik, um eine ressortübergreifende Gesundheits-, Industrie- und Innovationspolitik zu stärken. Das sei eine der vielen Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie. Doch die nächste Pandemie wird kommen und wir sollten besser vorbereitet sein. Eine gute Kommunikation sei wichtig und das Zusammenspiel aller Akteure, unterstützt durch die Politik. Sein Ansatz ist einheitlich: für eine Gesundheit von Menschen, Tieren, Klima, Lebensmittel und internationalem Handel. „Lassen Sie uns zusammen denken, so kommen wir weiter“, forderte Maas auf.

In den Vorträgen und Diskussionen waren die Themen breit gefächert: von neuartigen Therapieansätzen gegen neurologische Erkrankungen oder Infektionen, die Möglichkeiten der Digitalisierung über industrielle Biotechnologie, Novel Food und die Schwierigkeiten des deutschen Marktes bis zu Green Financing und sauberem Wasser.

Die Bedeutung von Gesundeitsdaten

In der Session "Quality in, Quality out" diskutierte unser Kollege Dr. Jens Wiehler, Geschäftsführer von DigiMed Bayern, zudem über das Thema Gesundheitsdaten und deren Verfügbarkeit hierzulande. Es kristallisierte sich heraus: Deutschland ist unter anderem aufgrund von strengen Datenschutzrichtlinien nicht attraktiv in Bezug auf datengetriebene Projekte. Diese wandern deshalb ins Ausland. Dabei sind die Primär- und Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten ein Kreislauf und co-abhängig, die Gesellschaft profitiert von deren Nutzung. So könnte die elektronische Gesundheitsakte (ePA) mehr Wissen und somit eine bessere Gesundheitsversorgung durch geteilte Daten ermöglichen. Notwendig sei also eine gute Datenbasis, ein optimiertes Zusammenspiel, Vertrauen in der Bevölkerung und deshalb eine positive Kommunikation. Nur mit hochwertigen und verfügbaren Gesundheitsdaten schaffe man den Erfolg in Prävention, Diagnose und Therapie – „aber es lohnt sich“.

Innovationspreis der BioRegionen

Auch wurde wieder der Innovationspreis der BioRegionen verliehen, diesmal ohne bayerische Beteiligung. Gewonnen haben:

BioThrust aus Aachen, die mit ihrem Membranrührer eine weltweit erste effektive blasenfreie Belüftung von Bioreaktoren ermöglichen

OptoGenTech aus Göttingen für die optische Steuerung von genetisch modifizierten Zellen mit Licht und damit eine Verbesserung des Hörens

LigniLabs aus Wiesbaden, die einen Lignin-Microcarrier entwickelt haben, der ein Fungizid in Rebstöcken mit Pilzbefall abgibt.

Mit dem Innovationspreis der Deutschen BioRegionen werden innovative Patente aus der modernen Biotechnologie und Life Science-Forschung inkl. Medizintechnik ausgezeichnet.

New kids on the block

Bei den Start-up Pitches schaffte es Dr. Klaus Wagenbauer vom Münchner Unternehmen Plectonic Biotech auf Platz 2. Mit seinem Ansatz eines Nanoschalter, der Immunzellen mit Tumorzellen verbindet, sollen Immuntherapien gegen Krebs gezielter und mit weniger Nebenwirkungen möglich werden. 2019 hat das Team, ein Spin-off der Technischen Universität München, für seine Entwicklung den Vorgründungswettbewerb m4 Award gewonnen. Nur Ucaneo Biotech aus Berlin konnte das Publikum mit seiner Direct-Capture-Technologie, die auf der Kraft von Enzymen und Biologie basiert, noch etwas mehr überzeugen.

Die nächsten Deutschen Biotechnologietage finden vom 16./17. April 2024 in Berlin statt.