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Erfolg für m4-Awardee Prof. Kobold: Neue Angriffsziele für CAR-T-Zelltherapie gegen AML durch KI-gestützte Analyse

Forscherteams der Abteilung für Klinische Pharmakologie des LMU Klinikums (im Bild: Prof. Sebastian Kobold (Mitte), Dr. Adrian Gottschlich und Ruth Grünmeier) und des Institute of AI for Health von Helmholtz Munich haben neue Angriffsziele für CAR-T-Zelltherapie gegen akute myeloische Leukämie entdeckt. ©LMU Klinikum

Forscherteams der Abteilung für Klinische Pharmakologie des LMU Klinikums und des Institute of AI for Health von Helmholtz Munich haben neue Angriffsziele für eine CAR-T-Zelltherapie gegen akute myeloische Leukämie entdeckt. Mit Hilfe umfangreicher bioinformatischer Analysen und der Integration von Expressionsdaten von mehr als einer halben Million einzelner Zellen kristallisierten sich aus 25.000 potenziellen Zelloberflächenmolekülen zwei Kandidaten heraus. Hergestellte CAR-T-Zellen, die sich gegen diese Moleküle richten, wurden von den Foscher hergestellt undin AML-Modellen erfolgreich getestet.

Ziel ist es nun, ein Verfahren zur GMP (Good manufacturing practice)-fähigen Herstellung dieser CAR-T-Zellen zu entwickeln, die dann auch in klinischen Studien mit AML-Patient:innen verwendet werden dürfen. Das soll im Rahmen des von der Bayerischen Forschungsstiftung unterstützten „Bayerischen Zelltherapie-Katalysator“ passieren.

Anders als andere Formen von Blutkrebs ist die akute myeloische Leukämie (AML) derzeit nicht mit der sogenannten CAR-T-Zell-Immuntherapie behandelbar. Der Grund: Es fehlen die spezifischen molekularen Ansatzpunkte, mit denen bestimmte Immunzellen gezielt AML-Zellen angreifen. Diese Ansatzpunkte haben nun die beiden Forscherteams von m4 Awardee 2019 Professor Dr. Sebastian Kobold mit Dr. Adrian Gottschlich und Ruth Grünmeier von der Abteilung für Klinische Pharmakologie des LMU Klinikums und Dr. Carsten Marr mit Moritz Thomas aus dem Institute of AI for Health von Helmholtz Munich entdeckt. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift Nature Biotechnology veröffentlicht.

Die AML – eine von mehreren Formen der Leukämie („Blutkrebs“) – ist eine tückische Erkrankung. Fünf Jahre nach der Erstdiagnose lebt nur noch ein Drittel der Erkrankten. Bis zu 85 Prozent der Patient:innen erscheinen nach einer intensiven Chemotherapie zwar wie geheilt. Allerdings kehrt bei mehr als der Hälfte von ihnen binnen ein bis zwei Jahren die Krankheit zurück, weil die Chemotherapie nicht alle Leukämie-Zellen zerstört hat. Die langfristige Überlebenswahrscheinlichkeit liegt bei unter 20 Prozent, weswegen innovative Behandlungsmöglichkeiten dringend nötig sind.

Die CAR-T-Zelltherapie ist eine innovative Therapie. CAR-T steht für „chimärer Antigenrezeptor in T-Zellen“. T-Zellen sind Zellen des Immunsystems, deren Angriffe sich die Krebszellen jedoch entziehen. CAR-T-Zellen sind gentechnisch veränderte T-Zellen, die ein bestimmtes Eiweiß (CD19) auf ihrer Oberfläche produzieren, das dafür sorgt, dass sie die Krebszellen des Patienten erkannt und zielgenau ausgeschaltet werden. Die zugelassenen CAR-T-Zellen gegen CD19 eignen sich für die AML jedoch nicht, denn CD19 ist auf der Oberfläche der AML-Zellen (in der Regel) nicht vorhanden. Auch klinische Ergebnisse mit CAR-T-Zellen, die sich gegen andere Oberflächenmoleküle von AML-Zellen gerichtet haben, waren nach Angaben der Wissenschaftler nicht in der Lage, zwischen gesunden und den entarteten Zellen zu unterscheiden – mit entsprechend großen Nebenwirkungen.

Die Mediziner Sebastian Kobold und der Physiker Carsten Marr konnten nun zusammen mit Kolleg:innen des LMU Klinikums und des Institute of AI for Health von Helmholtz Munich mit Hilfe umfangreicher bioinformatischer Analysen und der Integration von Expressionsdaten von mehr als einer halben Million einzelner Zellen aus 25.000 potenziellen Zelloberflächenmolekülen zwei Kandidaten identifizieren, die ausschließlich auf der Oberfläche von AML-Zellen zu finden sind: CSF1R und CD86.

Von den Forschenden im Labor des LMU Klinikums hergestellte CAR-T-Zellen, die sich gegen genau diese Moleküle richten, wurden anschließend an unterschiedlichen AML-Modellen getestet, unter anderem auch mit AML-Zellen aus Patient:innen. Das Ergebnis kommentierte Kobold: „Diese CAR-T-Zellen sind einerseits wirksam gegen die AML, andererseits bekämpfen sie kaum gesunde Zellen.“

Das nächste Ziel der Forschenden ist nun, ein Verfahren zur GMP (Good manufacturing practice)-fähigen Herstellung dieser CAR-T-Zellen zu entwickeln, die dann auch in klinischen Studien mit AML-Patient:innen verwendet werden dürfen. Das soll im Rahmen des „Bayerischen Zelltherapie-Katalysators“ passieren, der von der Bayerischen Forschungsstiftung unterstützt wird. Die ersten Tests mit den Patient:innen erwartet Kobold in zwei bis drei Jahren.