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Erfolge mit Genschere bei Muskelkrankheit

Erstmals ist es ist einem interdisziplinären Münchner Forschungsteam unter der Federführung von Wissenschaftlern der TUM gelungen, ein mutiertes Dystrophin-Gen bei lebenden Schweinen zu korrigieren.

Bei der bislang unheilbaren Krankheit Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) fehlt das essenstille Muskelprotein Dystrophin, wodurch sich die Muskeln der Patienten nach und nach zurückbilden. Aufgrund von Atem- oder Herzversagen erleben die meisten Betroffenen ihr 40. Lebensjahr nicht. Zumeist erkranken Jungen an der DMD, da sich die verantwortlichen Mutationen Dystrophin-Gen auf dem X-Chromosom befinden. 

Die Forscher der Technischen Universität München (TUM), der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und des Helmholtz Zentrums München konnten den fehlerhaften Genabschnitt aus der DNA der Muskel- und Herzzellen der Tiere mittels einer modifizierten Crispr-Cas9-Schere herauszuschneiden. Veröffentlicht sind die Ergbnisse in der Fachzeitschrift Nature Medicine. „Diese Genschere ist sehr effizient, sie hat spezifisch das Dystrophin-Gen korrigiert“, sagt Prof. Wolfgang Wurst, Entwicklungsgenetiker an der TUM und am Helmholtz Zentrum München. Das durch den Gendefekt unlesbar gewordene Gen konnte nach der Korrektur wieder sinnvoll abgelesen werden, und eine erfolgreiche Proteinproduktion war möglich. Durch das nun verkürzt, jedoch stabil gebildete Dystrophinprotein verbesserte sich die Muskelfunktion. Die therapierten Tiere waren weniger anfällig für Herzrhythmus-Störungen und hatten eine höhere Lebenserwartung als erkrankte Tiere, die nicht therapiert wurden.

Die Veränderung am Genom der Herzmuskelzelle hat einen dauerhaften Effekt, wie Prof. Christian Kupatt, Kardiologe am Klinikum rechts der Isar der TUM, erklärt: „Muskel- und Herzzellen sind langlebige Zellverbände. Die Hälfte aller Herzmuskelzellen bleiben von der Geburt über den gesamten Lebenszyklus eines Menschen funktional. Das Genom einer Zelle wird so lange für die Proteinbiosynthese genutzt, wie die Zelle lebt, und einmal mit der Therapie erreichte Zellen bleiben korrigiert.“

„Unsere Ergebnisse sind deshalb so vielversprechend, weil wir einen therapeutischen Erfolg nun bei einem kliniknahen Modell nachweisen konnten“, sagt Prof. Maggie Walter, Neurologin am Klinikum der LMU. Das Schweinemodell stimmt in wichtigen biochemischen, klinischen und pathologischen Veränderungen mit der Duchenne-Muskeldystrophie beim Menschen überein. „Da die Erkrankung an unserem Schweinemodell schneller fortschreitet, konnten wir die Wirksamkeit von therapeutischen Ansätzen in überschaubaren Zeiträumen prüfen“, sagt Prof. Eckhard Wolf, Veterinärmediziner an der LMU.

Publikation:
Moretti, A., et al., Wolf, E.; Wurst, W., Kupatt, C.: Somatic gene editing ameliorates skeletal and cardiac muscle failure in pig and human models of Duchenne muscular dystrophy. In: Nature Medicine, 27 January 2020.
DOI: 10.1038/s41591-019-0738-2