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Fast 20.000 Meetings in 3 Tagen - BIO-Europe in München verzeichnet neue Rekorde

Während die Biotech-Branche in den USA – angeheizt durch Preisdebatten um Biotech-Medikamente – inzwischen erste Dämpfer einstecken muss, ist die Stimmung in Europa nach wie vor gut. An den Börsen konnten europäische Biotech-Firmen in diesem Jahr bislang soviel Geld wie schon lange nicht mehr einwerben,  die Kassen der europäischen Investoren sind ebenfalls gefüllt und auch die Pharmaindustrie zeigt nach wie vor hohes Interesse an Kooperationen mit Biotech-Firmen.

zur Bildergalerie: http://www.bio-m.org/biom-veranstaltungen/bilder.html?page=0

Eine auf der BIO-Europe vorgestellte Studie der BIOCOM belegt den derzeit noch anhaltenden Biotech-Boom für Europa: Bis zum dritten Quartal dieses Jahres konnten die 179 an der Börse notierten Biotech-Firmen insgesamt 5,53 Milliarden Euro einwerben – fast zweimal soviel wie im Vorjahreszeitraum (2,7 Milliarden Euro).  Ob der Börsenboom auch im kommenden Jahr weiter anhalten wird, war eines der am meisten diskutierten Themen unter den 3.500 Besuchern der BIO-Europe, die in diesem Jahr vom 2. bis 4. November in München stattfand.  In einer Session am ersten Tag waren sich die Finanzexperten jedoch einig, dass es vermutlich keinen Crash, sondern eher eine Verschiebung geben wird. „Vermutlich werden es Therapieentwickler mit frühen Projekten wieder etwas schwieriger haben. Aber gute Firmen mit einer guten Pipeline und einer guten Story werden ihr Kapital auch weiterhin an der Börse finden“, zeigte sich Olivier Litzka vom französischen Investor Edmond de Rothschild Investment Partner überzeugt. Auch Probiodrug-Chef Konrad Glund betonte, er sei nach wie vor zufrieden mit seiner Entscheidung, 2014 den Sprung an die Börse in Amsterdam gewagt zu haben. Gleichwohl sei der öffentliche Finanzmarkt nicht für jede Firma sinnvoll, betonte er. „Sie brauchen eine starke Investorenbasis und sollten auch in absehbarer Zeit nach dem Börsengang einen wichtigen Meilenstein erreichen können“, lautete sein Tipp.

Im Bild am bayerischen Gemeinschaftsstand: Dr. Christine Günther (CEO apceth), Prof. Dr. Horst Domdey (BioM),    Staatssekretär Franz Josef Pschierer (Bayr. Wirtschaftsministerium), Dr. Simon Moroney (CEO Morphosys). Weitere Bilder in der BioM-Bildergalerie.

Börsengang: Ja oder Nein und wenn ja, wo?
Ob die USA für die europäischen Firmen ein guter Börsenplatz ist, darüber wurde ebenfalls diskutiert. Laut BIOCOM-Studie haben sich 2015 nur vier Firmen aus Europa für einen US-IPO entschieden, hier allerdings mit 98 Millionen Euro im Schnitt mehr Kapital eingeworben als dies bei den Börsengängen in Europa (63 Millionen Euro) der Fall war.  Insgesamt 25 europäische Biotech-Firmen sind derzeit an der NASDAQ gelistet. „Die starke Investorenbasis in den USA hat eine hohe Anziehungskraft. Ein Drittel des diesjährigen Kapitals, das in europäische Biotech-Firmen geflossen ist, kam über die NASDAQ“, sagt  Sandra Wirsching, Kapitalmarktexpertin und Studienleiterin bei BIOCOM.

Deutsche Firmen mit Schlagzeilen

Dass es auch den privat finanzierten Biotech-Firmen nicht an Kapital mangelt, zeigten zwei deutsche Firmen auf der BIO-Europe. So machte die Biontech aus Mainz mit ihrem millionenschweren mRNA-Deal mit Sanofi ebenso Schlagzeilen  wie der RNA-Spezialist Curevac aus Tübingen mit seiner Rekordfinanzierung von rund 100 Millionen Euro. Insgesamt hatten 1.870 Unternehmenrund 4.300 Lizenzierungsangebote auf der BIO-Europe im Gepäck und viele Pharmafirmen, darunter auch die deutschen Konzerne Boehringer Ingelheim und Bayer, waren mit großen Teams vor Ort. Laut Veranstaltern, der EBD-Group, kam es zu über 19.000 individuellen Meetings, einer neuen Rekordzahl für die versierten Organisatoren.

Auch die bayerische Biotech-Szene zog ein positives Fazit für 2015: Demnach gibt es in Bayern 350 Unternehmen im Bereich Biotechnologie und Pharma, die insgesamt 29.900 Mitarbeiter beschäftigen. Über 11.000 Mitarbeiter sind es in den "Kern-Biotech-Unternehmen" des Freistaates. Der Umsatz der kleinen und mittleren Firmen liegt mit fast 580 Millionen Euro auf Rekordniveau und auch das Finanzierungsumfeld hat sich gut entwickelt. Allein im Verlauf diesen Jahres konnten alleine gut 100 Millionen Euro durch Kapitalerhöhungen der börsennotierten Medigene, 4SC und Pieris eingeworben werden, hinzu kommen weitere Privat- und VC-Finanzierungen sowie der aufsehenerregende Verkauf der Martinsrieder Firma SuppreMol für 200 Mio. € an die US-Firma Baxalta.

Bayern kooperiert mit Japan

Die Pipeline ist mit 60 klinischen Entwicklungsprojekten zudem gut gefüllt. „Bayern ist in der Biotechnologie ausgezeichnet aufgestellt. Wir haben hervorragende Unternehmen mit innovativen Ideen und Technologien sowie ein exzellentes Forschungsumfeld mit Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen“, betonte denn auch Bayerns Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef Pschierer.

Bio-M-Geschäftsführer Horst Domdey zeigte sich zudem optimistisch, mit der BIO-Europe eine große Aufmerksamkeit für die  bayerische Szene zu erreichen. Anlässlich der Veranstaltung  wurde unter anderem mit dem Biotechnologie-Cluster Osaka Bio Headquarters in Japan  eine neue  Kooperationsvereinbarung geschlossen, die die bestehende Partnerschaft noch weiter vertiefen soll.  “In der komplexen japanischen Geschäftskultur sind Aufbau und Pflege persönlicher Kontakte entscheidend”, betonte Domdey. „Wir freuen uns, dass durch die Erneuerung unserer Kooperationsvereinbarung mit Osaka ein direkter Zugang für bayerische KMU und Forschergruppen zu interessanten Märkten und Forschungskooperationen erleichtert wird.“

Auch für die nächste BIO-Europe 2016 wurde bereits geworben - mit einem mannhohen Kölner Dom aus Schokolade bot Gastgeber BIO.NRW schon mal einen Ausblick auf die Partneringveranstaltung im kommenden Jahr: Sie wird vom 7. bis 9. November in Köln stattfinden.

Text: mit freundlicher Erlaubnis, www.biotechnologie.de modifiziert