Nachrichten

Forschende der Hochschule München entwickeln erschwingliches Bioprinting

© Hochschule München/ Johanna Weber

Forschenden der Hochschule München ist es jetzt gelungen, einen einfachen 3D-Drucker aus dem Elektromarkt so zu modifizieren, dass er biologische Strukturen bzw. lebendes Gewebe auf Knopfdruck erstellen kann. Damit könnten auch kleine Labore in diesem Bereich forschen.

Künstlich hergestelltes, funktionsfähiges Gewebe – beispielsweise Knorpel, Knochen oder Muskelgewebe – bietet potenziell eine Fülle von Anwendungsmöglichkeiten. Die Zukunftstechnologie „Tissue Engineering“ kann für die Pharmakologie bei der Untersuchung von Nutzen und Nebenwirkungen von Medikamenten untersucht werden oder in der Medizin zur Versorgung von Patienten mit Gewebeschäden zum Einsatz kommen.

Doch die Herstellung von komplexem Gewebe, das dieselben Eigenschaften hat wie natürliches, ist schwierig. Forschende nutzen bereits verschiedenste 3D-Druck-Techniken, um organische Strukturen aus Biomaterialien und Zellen herzustellen, die dann durch gezieltes Training für ihre spätere Funktion vorbereitet werden sollen.

Bisher scheitert die Forschung mitunter schon am Budget: Bioprinter, mit denen sich dreidimensionale Zellstrukturen herstellen lassen, kosten mehrere zehntausend Euro. Für kleine Labore oder Institute sind sie oft unerschwinglich.

Zusammen mit einem interdisziplinären Team in Kooperation mit der Technischen Universität München hat Benedikt Kaufmann, Bioingenieur am Centrum für Angewandtes Tissue Engineering und Regenerative Medizin (CANTER) in seiner Promotionsarbeit einen wenige hundert Euro teuren 3D‑Drucker aus dem Elektromarkt, mit dem normalerweise Prototypen und Modelle aus Kunststoff hergestellt werden, so modifiziert, dass sich mit ihm lebendes Gewebe drucken lässt. Die Open-Source-Bauanleitung steht jetzt jedermann kostenlos zur Verfügung.

Für die Verarbeitung von Proteinen und Zellen werden neben hoher Luftfeuchtigkeit auch gleichmäßige 37 Grad Celsius benötigt – eine Herausforderung. Nach ausgiebigen Tests entschieden sich die Forschenden für eine effiziente und kostengünstige Lösung: Heizfolien, an das Alugehäuse des Druckers geklebt und gesteuert durch einen Mikrocontroller, heizen den Innenraum auf die gewünschte Temperatur auf. Dabei erzeugt wassergetränkter Zellstoff eine Luftfeuchtigkeit von über 90 Prozent.

Der modifizierte 3D-Printer verfügt zudem über eine Aufhängung, an der sich ein Glasplättchen befestigt lässt. Auf dieses lichtdurchlässige Plättchen können Biomaterialien und Zellen direkt aufgedruckt und anschließend hochauflösend unter dem Mikroskop untersucht werden.

Der sehr kleine Drucker arbeitet mit maskierter Stereolithographie, einem besonders zellschonenden Verfahren, bei dem Licht aus LEDs nach einem vorprogrammierten Muster durch ein Flüssigkristall-Display – ähnlich dem eines Handys oder Computer-Monitors – auf das mit einem gelatineartigen Hydrogel benetzte Glasplättchen projiziert wird. Hierbei werden gezielt einzelne Pixel des Displays aktiviert und sorgen so dafür, dass sich die im Hydrogel befindlichen Proteine exakt an den gewünschten Stellen vernetzen und aushärten – Schicht für Schicht entsteht so ein dreidimensionales Gebilde.

„Unsere Versuche haben gezeigt, dass sich mit dem modifizierten 3D-Drucker organische Strukturgerüste mit unterschiedlicher Steifigkeit herstellen lassen – das ist wichtig, weil beispielsweise für Knochensubstanz eine höhere Härte erforderlich ist als für Muskelgewebe“, so Kaufmann. Mittlerweile sei es auch gelungen, Stammzellen während des Druckvorgangs direkt in die Strukturen zu integrieren.

Damit sei der Weg auch für kleine Labore frei, Erfahrung mit der Herstellung, Charakterisierung und Optimierung von künstlichem Gewebe zu sammeln, Wissen zu generieren und zu teilen, um das Tissue Engineering weiterzuentwickeln.