Tierversuche sind seit langem ein fester Bestandteil in der medizinischen und pharmazeutischen Forschung, doch alternative Methoden gewinnen immer mehr an Bedeutung. Mittels innovativer Verfahren wird direkt mit Blick auf den Menschen geforscht – ohne den Umweg über Tierversuche. Diesen Ansatz wählt auch das geplante Fraunhofer-Start-up TigerShark Science aus Würzburg, eine Ausgründung des Fraunhofer-Translationszentrums für Regenerative Therapien TLZ-RT am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC. Mit Hautmodellen aus menschlichen Stammzellen will TigerShark Science Tierversuche deutlich reduzieren.
Es gibt verschiedene Methoden, die das Potenzial haben, Tierversuche zu minimieren oder sogar zu ersetzen. Dazu zählen menschliche Stammzellen, die im In-vitro-Verfahren gezüchtet werden und aus denen Mini-Organe, sogenannte Organoide, nachgebildet werden. Auch am Fraunhofer ISC/TLZ-RT in Würzburg entwickeln Forschende solche In-vitro-Gewebemodelle, wobei sie sich unter anderem auf Barriere-Organe wie die Haut fokussieren. Mit diesen im Labor gezüchtete Zellaggregaten lassen sich physiologische Prozesse nachvollziehen und unter kontrollierten Bedingungen erforschen – eine Möglichkeit, den Einsatz von Tierversuchen zu vermeiden oder zu verringern.
Diesen Weg gehen auch die Forschenden des Start-up-Projekts TigerShark Science: Dem Team ist es gelungen, ein Hautmodell zu kultivieren, das nahezu alle Strukturen der menschlichen Haut repräsentieren kann und somit ein realitätsnahes Hautmodell darstellt. Mit der Start-up-Idee, die vom Fraunhofer-Programm AHEAD gefördert wurde und durch den EXIST-Forschungstransfer ab Juli 2024 gefördert wird, steht das Forscherteam nun vor der Ausgründung. Zum Gründerteam gehören neben Dr. Florian Groeber-Becker, Leiter des Fraunhofer TLZ-RT am Fraunhofer ISC, auch Dr. Dieter Groneberg, Gruppenleiter der In-vitro-Haut-Testsysteme am Fraunhofer TLZ-RT, und Amelie Reigl, Projektleiterin am Fraunhofer TLZ-RT und künftige Geschäftsführerin von TigerShark Science.
Das Start-up bietet zunächst der Pharma- und Kosmetikbranche gesunde Hautmodelle in hoher Stückzahl an, die die drei Hautschichten Epidermis, Dermis und Hypodermis mit Fettzellen nachbilden. Sie eignen sich etwa für die Testung von Medikamenten und deren Nebenwirkungen oder beispielsweise für die Erforschung des Haarwachstums. Bei den Organoiden handelt es sich um komplexe Hautmodelle aus unterschiedlichen Zelltypen. Man kann unter anderem untersuchen, wie die Zellen nach der Gabe eines Wirkstoffs miteinander kommunizieren oder ob Wirkstoffe Irritationen auslösen.
Die Organoide werden automatisiert in hoher Stückzahl im Bioreaktor entwickelt und anschließend mit einem speziellen Verfahren auf Nanofasern aufgebracht. So entsteht eine sogenannte Luftmediumgrenzkultivierung, bei der die oberste Hautschicht, die Epidermis – anders als bei der Kultivierung in der Petrischale – Kontakt mit der Luft hat. Die Nanofasern sind bereits patentiert, ein Verfahrenspatent ist ebenfalls geplant.
Das Modell ermöglicht schnelle Testungen – ein großer Vorteil gegenüber Tierversuchen, die oft teuer und zeitaufwändig sind. Mit dem Hautorganoid aus menschlichen Stammzellen lassen sich schnellere und präzisere Ergebnisse erzielen, die in vielen Fällen besser auf den Menschen übertragbar sind.