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Früherkennung von Nierenschäden bei Prostatakrebs-Therapie dank KI

Dr. Lisa Steinhelfer (links) mit Dr. Friederike Jungmann. © Astrid Eckert / TUM

Mithilfe eines KI-gestützten Algorithmus lässt sich eine Volumenabnahme der Nieren bereits Monate vor dem Auftreten klinischer Symptome auf CT-Aufnahmen erkennen – ein potenzieller Biomarker für bevorstehende Organschäden. Diesen vielversprechenden Ansatz zur frühzeitigen Diagnose einer Nierenfunktionsverschlechterung infolge bestimmter Krebstherapien hat ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) entwickelt.

Im Fokus der aktuellen Studie standen 121 Patienten mit Prostatakrebs, die mit der Radioligandentherapie Lutetium-177 PSMA behandelt wurden. Diese moderne, nuklearmedizinischen Therapieoption gilt als besonders erfolgversprechend, kann jedoch potenziell die Nierenfunktion beeinträchtigen.

„In einer früheren Arbeit hatten wir festgestellt, dass Patienten, deren Nierenwerte nach einer Lutetium-177-PSMA Therapie schlechter wurden, Veränderungen im Nierengewebe aufwiesen“, erklärt Dr. Lisa Steinhelfer, Erstautorin der Studie. „Da Gewebeproben, mit denen sich das feststellen ließe, nicht routinemäßig entnommen werden können, wollten wir untersuchen, ob sich diese Veränderungen auch auf andere Weise nachweisen lassen.“

Die Forscherinnen und Forscher wählten einen nicht-invasiven Ansatz, der auf routinemäßig erhobene Daten während der Krebstherapie zurückgreift: CT-Bildgebung und Blutwerte. Dabei zeigte sich, dass insbesondere eine Reduktion des Nierenvolumens ein zuverlässiger Frühindikator ist: Eine Abnahme des Volumens um mindestens zehn Prozent innerhalb von sechs Monaten nach Therapiebeginn korrelierte signifikant mit einer deutlich eingeschränkten Nierenfunktion weitere sechs Monate später.

„Die Veränderungen des Nierenvolumens sind so klein, dass sie bei einer routinemäßigen Begutachtung der Aufnahmen leicht übersehen werden können. Ärztinnen und Ärzte suchen ja in erster Linie Tumore und andere schwerwiegende Probleme“, sagt Prof. Matthias Eiber, gemeinsam mit Prof. Rickmer Braren Letztautor der Studie. „Bildanalyse-Algorithmen erkennen dagegen selbst kleine Veränderungen zuverlässig, wenn man sie vorher darauf trainiert“, ergänzt Dr. Friederike Jungmann, wie Dr. Lisa Steinhelfer ebenfalls Erstautorin der Studie.

Personalisierte Therapieanpassung in Aussicht

Die Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten für ein individualisiertes Therapiemanagement. „Wenn erkennbar ist, dass ein Patient nach sechs Monaten Behandlung ein erhöhtes Risiko für eine spätere Nierenfunktionseinschränkung hat, könnte man sowohl die Anzahl der Therapiezyklen als auch die verabreichte Aktivität im Rahmen eines individuellen Therapiekonzepts gezielt anpassen“, betont Dr. Steinhelfer. Das TUM Klinikum ist aktuell an zwei prospektiven Studien beteiligt, um den Ansatz weiter zu evaluieren.

Bereits in einer früheren Studie hatte das Team um Steinhelfer belegt, dass auch Veränderungen der Milzgröße als Frühwarnzeichen dienen können – etwa für Störungen der Blutbildung. „Viele Krebstherapien können zu Funktionsstörungen der Leber oder des blutbildenden Systems führen. Ich gehe davon aus, dass sich durch unseren Ansatz bei einer großen Anzahl an Therapien mögliche Nebenwirkungen bereits im Frühstadium erkennen lassen“, so Lisa Steinhelfer.