Ein Team um Forschende der Technischen Universität München (TUM) hat erstmals Tumor-Organoide im Labor gezüchtet, welche die unterschiedlichen Strukturen und Eigenschaften von Bauchspeicheldrüsenkrebs nachbilden. Mit diesen dreidimensionalen Miniaturtumoren haben die Forschenden untersucht, wie die verschiedenen Tumor-Organoide auf etablierte und neuartige Behandlungen reagieren. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für die Entwicklung effektiver Therapien.
Bauchspeicheldrüsenkrebs gehört zu den Krebserkrankungen mit besonders niedriger Überlebensrate. Einer der Gründe ist das Fehlen wirksamer Behandlungen. Das liegt unter anderem daran, dass die Krebszellen eines Tumors sehr unterschiedlich auf ein und dieselbe Therapie reagieren können. Die Zellen eines Bauchspeicheldrüsentumors unterscheiden sich nicht nur stark in ihrer Struktur, sondern auch in ihren damit verknüpften biologischen Eigenschaften, beispielsweise wie aggressiv sie sind.
Grob kann man Bauchspeicheldrüsenkrebszellen aufgrund ihrer Erscheinung und ihres molekularen Profils in zwei Subtypen einteilen: epithelial und mesenchymal. Die Tumorzellen können allerdings im Laufe der Krankheit ihre Struktur und Funktion verändern. Ein Team um Prof. Maximilian Reichert, Professor für Translationale Pankreaskarzinomforschung am Klinikum rechts der Isar der TUM hat nun erstmalig die zelluläre Komplexität von Bauchspeicheldrüsenkrebs im Labor nachgebildet.
Mit Hilfe von maschinellem Lernen haben die Forschenden die neu gezüchteten Organoide anhand ihrer Strukturen in definierte Gruppen unterteilt, um damit systematisch weiterarbeiten zu können. Verschiedene Phänotypen innerhalb der beiden großen Kategorien epithelial und mesenchymal wurden identifiziert, die sich in Aussehen, Physiologie und Verhalten unterscheiden.
Zunächst wurden mit Organoiden aus Maustumorzellen gearbeitet. Die Phänotypen unterschieden sich nicht nur stark in ihrem Aussehen, sondern unter anderem auch darin, wie sie sich vermehren, Stoffwechsel betreiben oder sich bei Sauerstoffmangel verhalten. Insbesondere reagierten sie auch unterschiedlich auf Behandlungen: So waren beispielsweise sternartigen Organoide gegen das in der Studie eingesetzte Chemotherapeutikum resistent, sprachen aber stark auf Bestrahlung an. Auf dieser Grundlage gelang es dem Forscherteam, auch erste Bauchspeicheldrüsenkrebs-Phänotypen aus Krebszellen von Patientinnen und Patienten im Labor zu züchten und auf Behandlungen zu testen.
Die neuen Organoide könnten für die Entwicklung von Therapien von Nutzen sein. Wenn bekannt ist, welche Phänotypen bei einer Patientin oder einem Patienten vorkommen und wie diese auf Behandlungen reagieren, könnten Ärztinnen und Ärzte Therapien individueller und gezielter ausrichten.
Die Forschenden verfolgen auch noch einen weiteren Ansatz, um aus dem Wissen zukünftig effektivere Behandlungen zu entwickeln. Sie reduzierten durch Zugabe von Wirkstoffen zunächst die Anzahl verschiedener Phänotypen innerhalb eines Tumors. Übrig blieben wie beabsichtigt hauptsächlich nur noch zwei Phänotypen, die sich nicht weiter veränderten. Für diese wollen die Forschenden zukünftig Substanzen finden, mit denen sie sich behandeln lassen, und den Ansatz weiterentwickeln.
Zur Veröffentlichung der Studie: https://doi.org/10.1038/s41551-024-01273-9.