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Helmholtzforscher finden 37 neue Risikofaktoren für Volkskrankheiten

Das war keine leichte Übung: 250 Stoffwechselprodukte, die bei 60 Stoffwechselwegen, die mit sogenannten "Volkskrankheiten" assoziiert sind, eine Rolle spielen, wurden in "genomweiten Assoziationsstudien" auf den Zusammenhang von genetischer Varianz und tatsächlicher Auswirkung auf das jeweilige Stoffwechselprodukt hin untersucht.

So kompliziert schon dieser erste Satz klingt, umso komplizierter wird es, wenn man sich ausrechnen mag, welche Fülle an Daten hier generiert und analysiert wurde: nicht nur in den vielen Genomuntersuchungen, die die Sequenzierexperten des Münchner Helmholtz Zentrums und der klinischen Institute der Münchner Universitäten um Prof. Thomas Meitinger und Dr. Jerzy Adamski durchführen mussten. Hinzu kommen die Daten aus der genetischen "in vivo"-Forschung von Prof. Hrabé de Angelis um parallel die Vielfalt der individuellen Stoffwechselproduktvarianz aus den Experimenten von Prof. Karsten Suhre und Dr. Christian Gieger noch oben drauf zu packen. Wem das noch gut zu managen vorkommen mag, wird vielleicht doch langsam verzweifeln, wenn die geballte bioinformatische Kompetenz von Prof. Werner Mewes in Kombination mit dem epidemiologischen Know-How (und -Why) von Prof. Wichmann über diese Datenberge geht, um analytisch "etwas herauszuziehen". Hier müssen einige Prozessoren heißgelaufen sein.

In diesem Forschungsansatz ist gut zu erkennen, was es praktisch bedeutet, sich "systembiologisch" Volkskrankheiten vorzunehmen, wobei man also nicht nur die genetische Varianz der Patienten, sondern auch die Varianz der relevanten Stoffwechselprodukte (Art, Menge, ...) in den Blick nehmen muss. Und so dürfen die Münchner Forscher - gemeinsam mit den Kollegen des Londoner King´s College und des Wellcome Trust Institue - schon stolz sein, auf die neuartigen Erkenntnisse, die die Verknüpfung von Genomuntersuchung und Stoffwechselforschung hervorgebracht haben.

„Wir haben die Genetik in ihrem biologischen Kontext betrachtet – so haben wir die neuen Risikofaktoren entdeckt“, erläutern Suhre und Gieger den Vorteil ihres Studienansatzes. Denn dank der Kombination von Genetik und Metabolomik, die sich auch in zwei vorangegangene Studien bereits bewährt hat, können die Wissenschaftler die biologische Auswirkung der identifizierten genetischen Risikofaktoren erkennen, was bei reinen genomweiten Assoziationsstudien nicht möglich ist. „Wir sind einen wesentlichen Schritt vorwärts gekommen, komplexe Erkrankungen wie Typ 2 Diabetes mellitus besser zu verstehen, daraus ergeben sich gleichzeitig neue Ansätze für die pharmazeutische Forschung.“, erklären die Forscher.

[gk]

Hintergrundinfos unter:

http://www.helmholtz-muenchen.de

Publikation:

http://www.nature.com/nature/journal/v477/n7362/full/nature10354.html

 

Grafik/Illustratorin: Cornelia Kruppa