Die Wirksamkeit von Immuntherapien frühzeitig sichtbar machen – das ist das Ziel von ImuVeo, einem Forschungsprojekt des TUM Universitätsklinikum Klinikums. Mithilfe eines innovativen Tracers kann erstmals bildlich dargestellt werden, ob und in welchem Umfang sich T-Zellen am Tumor ansammeln – ein entscheidender Schritt für die gezielte Optimierung von Krebstherapien.
Im Interview mit BioM erklärt Co-Founder und COO Paul Klein, welche Vorteile der Ansatz bietet, wer davon profitiert und welche nächsten Meilensteine für ImuVeo anstehen.
BioM: Immuntherapien gelten als Durchbruch in der Krebsbehandlung, doch nicht alle Behandelten sprechen darauf an, und die Therapieüberwachung stellt eine große Herausforderung dar. Sie haben mit ImuVeo ein Bildgebungstool zum Monitoring von Krebs-Immuntherapien entwickelt. Wie funktioniert das Tool genau?
Paul Klein: Da haben Sie vollkommen Recht. Es vergehen derzeit Monate, bis Ärzt:innen überhaupt sagen können, ob die Immuntherapie auch wirkt. Wir haben einen PET Tracer entwickelt, der die Hauptakteure bei Immuntherapien, T-Zellen, trackt und visualisiert. Unser Tracer ist ein Nanobody, der gezielt an CD2 bindet – ein zentrales Molekül der wichtigsten T-Zell-Populationen. PET, die Abkürzung für Positronen-Emissions-Tomographie, ist ein bildgebendes Verfahren – ähnlich wie MRT oder CT. Jeder PET-Tracer ist radioaktiv und wird den Patient:innen intravenös verabreicht – ein seit Jahrzehnten etabliertes Verfahren in der klinischen Praxis. Nach einer Wartezeit von etwa einer Stunde, in der sich die Substanz im Körper verteilt, kann der Scan beginnen. Dieser erfolgt, ähnlich wie beim MRT oder CT, in einer Röhre. Das Ergebnis liegt unmittelbar danach vor. Unser Tracer kann bereits etwa zwei Wochen nach Therapiebeginn zur Bildgebung verwendet werden. Er eignet sich für die Therapie-Überwachung bei allen Formen solider Tumore und bei sämtlichen Immuntherapien.
Welche Vorteile bietet Ihr Ansatz gegenüber herkömmlichen Methoden der Therapieüberwachung?
Mit unserem Tracer kann erstmals gezeigt werden, ob sich die T-Zellen der Immuntherapie auch am Tumor ansammeln. Daraus lässt sich das Ansprechverhalten ableiten – also, ob und wie effektiv die Therapie wirkt. Ärzt:innen erhalten mit unserem Produkt erstmals die Möglichkeit, die Wirkung der Therapie im Körper bildlich darzustellen, und zwar mit Hilfe eines PET-Scans. Aktuell kann eine solche Einschätzung nur über unspezifische Biomarker anhand von Bluttests oder MRT/CT-Scans erfolgen.
Wer profitiert von Ihrem Tool? In Zukunft hoffen wir, dass alle Krebs-Patient:innen, die mit Immuntherapien behandelt werden, von unserem Tool profitieren können. Wir stehen derzeit kurz vor dem Start unserer klinischen Phase-1-Studie. Unser Tracer wird darüber hinaus dazu beitragen, Krebs-Immuntherapien zugänglicher zu machen. Aufgrund der hohen Kosten und der Ungewissheit über das Ansprechverhalten werden Immuntherapien oft erst als letzte Behandlungsoption in Erwägung gezogen. Mit unserem Tracer bieten wir eine kostengünstige, zeitnahe Möglichkeit, das Ansprechen auf die Therapie bei einer Vielzahl von Patient:innen zu überwachen und die Behandlung gegebenenfalls frühzeitig anzupassen oder abzubrechen. Aktuell kann unser Tracer in der Forschung und Entwicklung eingesetzt werden. Alle Firmen und Arbeitsgruppen, die mit T-Zell-basierten Therapien arbeiten oder diese entwickeln haben erstmals die Möglichkeit das Ansprechverhalten und die Wirkung im Körper zu visualisieren. Wir bieten ein einsatzbereites pre-GMP Produkt für in-vitro Versuche und in-vivo Tierstudien an, das gerne getestet werden kann. Wir freuen uns und sind gespannt auf Feedback, um unseren Tracer weiterzuentwickeln und noch stärker an die Bedürfnisse zukünftiger Kundinnen und Kunden anzupassen.
ImuVeo ist ein Forschungsprojekt des Klinikums der Technischen Universität München. Wie hat sich die Idee entwickelt, und welche besonderen Herausforderungen und Erfolge gab es auf Ihrem bisherigen Weg?
Die Idee zu ImuVeo entstand, wie so oft aus einem alltäglichen Problem im Klinik-Alltag: Vor mehr als zehn Jahren standen eine Onkologin und ein Nuklearmediziner am Klinikum rechts der Isar wiederholt vor der Herausforderung, möglichst schnell zu beurteilen, ob Immuntherapien bei ihren Patient:innen wirksam sind. Aus diesem Antrieb entstanden mehrere Forschungsprojekte, die schlussendlich zu den Doktorarbeiten von meinen Mitgründer:innen, Lisa Russelli und Dario Gosmann, geführt haben. Angesichts der vielversprechenden Ergebnisse hat uns der Leiter der Nuklearmedizinischen Klinik am Klinikum rechts der Isar dazu ermutigt, eine Unternehmensgründung anzustreben und das Produkt zur Marktreife zu entwickeln. Dieser Anstoß war entscheidend für die Gründung von ImuVeo.
Ihr Projekt wird u.a. im Rahmen des EXIST-Programms durch das Bundeswirtschaftsministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Wie wichtig sind solche Förderinstrumente für den Weg von der Wissenschaft in die Unternehmensgründung?
Wir haben die EXIST-Förderung im Jahr 2022 gewonnen und sind dafür unendlich dankbar. Diese Förderung war und ist für uns essenziell, weil sie uns ermöglicht, die letzten prä-klinischen Arbeitsschritte zu erledigen und alles für die Phase-1-Studie vorzubereiten. Insbesondere in den Lebenswissenschaften braucht es diese Programme mit hohen Fördersummen, um den Sprung in die Gründung zu schaffen. Die enge Begleitung durch unternehmerische Coaches und Mentor:innen durch EXIST hat uns auch geholfen die Herausforderungen des Marktes anzugehen.
Welche mittel- und langfristigen Ziele haben Sie sich für Ihr Unternehmen gesetzt?
Das größte Ziel in diesem Jahr ist die Finalisierung unserer derzeitigen Seed-Finanzierungsrunde. Wir haben bereits Zusagen von Follow-Investoren und suchen derzeit noch nach einem Lead-Investor mit Expertise im Pharma-Bereich. Weitere Meilensteine sind die Produktion unseres Tracers nach GMP-Standard Ende dieses Jahres sowie die Durchführung einer klinischen Phase-1-Studie im nächsten Jahr.
Paul Klein ist Co-Founder und derzeit COO von ImuVeo. Vorher war er als Senior Consultant bei Sopra Steria tätig, einer auf Digitalisierung ausgerichteten Unternehmensberatung. Paul Klein hat einen Master in Public Management und Data Science.