Nachrichten

LMU-Forschende entwickeln Gentherapie-Ansatz gegen frontotemporale Demenz

Die Forschenden haben ihre neuartige Methode an kultivierten menschlichen Nervenzellen getestet. Im Vergleich zu vorher (links) waren nach der Behandlung (rechts) deutlich mehr Nervenzellen vorhanden. © Marvin Reich /Kultivierte men LMU & ISD

Forschende der Medizinischen Fakultät der LMU und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) haben in enger Zusammenarbeit mit Denali Therapeutics in San Francisco einen Therapieansatz gegen frontotemporale Demenz entwickelt. Eine neue Methode nutzt modifizierte Viren, um ein fehlendes Protein im Gehirn zu ersetzen. Die Ergebnisse im Fachmagazin Science Translational Medicine veröffentlicht.

Frontotemporale Demenz ist eine bislang völlig unheilbare Gehirnerkrankung, bei der es neben Gedächtnisverlust auch zu Sprachstörungen und Veränderungen der Persönlichkeit kommt. In 5-12% der Fälle löst der Rückgang von Progranulin die Erkrankung aus. Der Verlust dieses Eiweißes führt zu Defiziten im Proteinabbau, wodurch sich unlösliche giftige Proteine ablagern. Das führt zur Entzündung des Gehirns, Nervenzelltod und damit verbundenen massiven Funktionsstörungen des zentralen Nervensystems. Die Ursache für Frontotemporale Demenz ist bei bis zu 40% der Fälle genetisch: Wer die entsprechende genetische Veränderung in sich trägt, erkrankt unausweichlich.

Forschende der Medizinischen Fakultät der LMU und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) haben in enger Zusammenarbeit mit Denali Therapeutics in San Francisco nun einen Therapieansatz entwickelt, der es ermöglicht, das fehlende Protein im Gehirn zu ersetzen. Ihre Ergebnisse wurden nun im Fachmagazin Science Translational Medicine veröffentlicht.

„Hierzu haben wir Progranulin in das Erbgut eines Virus eingebaut“, erklärt Dr. Anja Capell, Leitende Wissenschaftlerin am Biomedizinischen Centrum der LMU und eine der Seniorautorinnen. Im Anschluss spritzte das Team die so modifizierten Viren in die Blutbahn von Mausmodellen. „Der Virus befiel gezielt Leberzellen, die dann Progranulin in großen Mengen produzieren und in das Blut abgeben.“

So umgeht dieser Ansatz die Injektion von Viren direkt in das Gehirn, was mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein könnte. Damit diese periphere Lösung funktioniert, mussten die Forschenden einen Trick anwenden, um die Bluthirnschranke zu überwinden, die normalerweise den Austausch von Biomolekülen zwischen Blut und Gehirn blockiert. Ein sogenannter Gehirn-Shuttle, der von Denali Therapeutics entwickelt wurde, ermöglicht den sehr effektiven Transport über diese Barriere.

Nach einmaliger Verabreichung des Virus im Mausmodell gingen die Symptome massiv zurück. Tatsächlich ließen sich Schädigungen des Proteinabbaus, die Ablagerung unlöslicher giftiger Proteine, eine Entzündung des Gehirns, Bewegungsstörungen und der Tod von Nervenzellen massiv reduzieren.

„Daraufhin haben wir in Stammzellmodellen überprüft, ob sich dieser Ansatz auf den Menschen übertragen lässt.“ erläutert Professor Dominik Paquet vom Institut für Schlaganfall und Demenzforschung, ebenfalls einer der Hauptautoren und Mitglied im Exzellenzcluster SyNergy. Auch hier konnten die Merkmale der Erkrankung deutlich reduziert werden. Mit ihrem Ansatz konnten die Forschenden zeigen, dass Formen der Frontotemporalen Demenz, die auf einem teilweisen Verlust von Progranulin beruhen, in vorklinischen Versuchen mithilfe einer Ersatztherapie behandelbar sind.