Nachrichten

Münchner Forschende zeigen: Alte virale DNA prägt die frühe Embryonalentwicklung

© istockphoto

Forschende von Helmholtz Munich und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) haben die entscheidende Rolle transponierbarer Elemente in der frühen Embryonalentwicklung enthüllt. Die sogenannten Überreste längst vergangener viraler DNA, werden in den ersten Stunden und Tagen nach der Befruchtung reaktiviert.

Mehr als die Hälfte unseres Genoms besteht aus tausenden Überresten alter viraler DNA, den sogenannten transponierbaren Elementen, die im gesamten Stammbaum des Lebens weit verbreitet sind. Diese werden wohl in den ersten Stunden und Tagen nach der Befruchtung reaktiviert.

Während dieser dynamischen Phase der frühen Entwicklung zeigen embryonale Zellen eine bemerkenswerte Plastizität, für die, laut den Studienergebnissen in Mausmodellen, transponierbare Elemente von zentraler Bedeutung sind. Das Verständnis der Mechanismen, die die Aktivierung transponierbarer Elemente kontrollieren, ist von entscheidender Bedeutung für Fortschritte in der Reproduktionsmedizin und für ein tieferes Verständnis der Genomregulation.

Ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Maria-Elena Torres-Padilla bei Helmholtz Munich und an der LMU untersuchte diese alten DNA-Sequenzen mit einer neu entwickelten Methode zur Analyse ihrer Transkription. Die Forschenden erstellten einen Einzel-Embryo-Atlas, indem sie Embryonen verschiedener Säugetierarten – darunter Maus, Kuh, Schwein, Kaninchen und der nichtmenschliche Primat Rhesusaffe – verglichen. Dabei wurden überraschende Ergebnisse erzielt: Sie entdeckten, dass sehr alte virale Elemente, die zuvor als inaktiv galten, in Säugetierembryonen wieder aktiviert werden. Darüber hinaus zeigte sich, dass jede untersuchte Art unterschiedliche Typen dieser Elemente exprimiert.

Diese Erkenntnisse zeigen, dass die Aktivierung transponierbarer Elemente evolutionär konserviert ist. Diese Entdeckung ist bedeutsam, da Zellen in diesem frühen Stadium die Fähigkeit besitzen, sich in alle Zelltypen des Körpers zu differenzieren. Die Identifizierung spezifischer Elemente eröffnet faszinierende Möglichkeiten, tausende von Genen gleichzeitig in Zellen zu manipulieren. Zum Beispiel bei der Steuerung der Differenzierung von Stammzellen, was die gleichzeitige Manipulation von hunderten Genen erfordert.

Neben der Entwicklung einer neuen Methodik für die Einzelzell- und Embryonenforschung hat die Studie einen einzigartigen Datensatz hervorgebracht. Der evolutionäre Ansatz verglich mehrere Säugetierarten, wodurch zentrale regulatorische Wege identifiziert wurden, die über verschiedene Spezies hinweg geteilt werden.

Die Studie bildet daher die Grundlage für zukünftige Forschungen zu spezifischen regulatorischen Elementen, mit weitreichenden Auswirkungen auf Gesundheit, Krankheiten und die Beeinflussung zellulärer Prozesse. Kombiniert mit dem umfassenden Datensatz, stellen die biologischen Erkenntnisse eine wertvolle Ressource für Forschende in der Entwicklungs- und Reproduktionsbiologie dar.

Zur Veröffentlichung der Studie in Cell.