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Münchner Forscher Haass entdeckt weiteres Alzheimer-Eiweiss

Die Entstehung von Alzheimer ist auf biochemischer Ebene komplexer als angenommen: Münchner Biochemiker haben ein Eiweißfragment namens Aeta-Amyloid aufgespürt, dem bei der Entstehung des Demenzleidens eine Rolle zukommt. Bisher konzentriert sich die Alzheimer-Forschung auf das sogenannte Beta-Amyloid als molekularen Übeltäter. Die Wechselwirkung von Aeta-Amyloid mit Beta-Amyloid sei jedoch hochrelevant für aktuelle therapeutische Studien, schreiben die Forscher im Fachjournal Nature (2015, Online-Vorabveröffentlichung).

Bei Alzheimer-Kranken sammeln sich giftige Eiweißklumpen im Gehirn an, die die Nervenzellen schädigen. Als Auslöser für diesen verhängnisvollen Prozess gelten kleine Eiweißfragmente, die sogenannten Beta-Amyloid-Peptide, die von scherenartigen Enzymen aus einem Vorläufer-Protein herausgeschnitten werden. Nun gelang einem internationalen Forscherteam um Christian Haass, Inhaber des Lehrstuhls für Stoffwechselbiochemie der Ludwig-Maximilians-Universität (Foto: LMU) und Sprecher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen in München eine fundamentale Entdeckung: „Es gibt einen zweiten Weg, bei dem die scherenartigen Enzyme ein alternatives Eiweiß aus dem Vorläuferprotein herausschneiden“, sagt Haass.

Jahrzehntelang von der Forschung übersehen
Die Forscher gaben dem neu entdeckten Peptid den Namen Amyloid-η (gesprochen: A(myloid)-Aeta). „Dieser Weg wurde 30 Jahre lang übersehen, weil sich Wissenschaftler weltweit mit den Entstehungsmechanismen des Beta-Amyloids auseinandergesetzt haben mit dem Ziel, dessen Produktion zu verhindern und so Alzheimer zu heilen“, so Haass.

 

Peptid-Varianten mit gegensätzlichen Wirkungen

In Zusammenarbeit mit franzöischen Kollegen und im Rahmen des Exzellenzclusters Synergy gelang es den Wissenschaftlern, die Funktion des Aeta-Amyloids im Gehirn zu bestimmen: Während verklumptes Beta-Amyloid für Chaos sorgt, weil es Nervenzellen überaktiviert, bremst das Aeta-Amyloid die neuronale Stimulation.

„Offenbar haben die zwei kleinen Eiweiße, die aus ein- und demselben Vorläuferprotein herausgeschnitten werden, gegensätzliche Wirkungen, die normalerweise genau austariert sind“, sagt Haass. Diese Entdeckung hat einen direkten Einfluss auf derzeitige therapeutische Studien am Menschen, die sich bislang auf das Beta-Amyloid konzentrieren. So wird aktuell untersucht, ob die medikamentöse Unterdrückung der beta-Sekretase, der kleinen molekularen Scheren, die die Bildung von Beta-Amyloid initiieren, dazu führt, dass sich der Gedächtnisverlust bei Alzheimerpatienten verlangsamt. Die Forscher um Haass und Willem haben nun festgestellt, dass die Blockade der beta-Sekretase zwar zu einer Reduktion von Beta-Amyloid führt, aber auch gleichzeitig eine massive Überproduktion von Aeta-Amyloid zur Folge hat. „Damit könnte es zu einer Störung der neuronalen Aktivität und damit der Gehirnfunktion kommen“, sagt Haass. Die Münchner Alzheimerforscher raten daher, solche bisher nicht erwarteten Nebenwirkungen in den klinischen Studien genau zu verfolgen.

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Quelle: www.biotechnologie.de