Bei fortschreitendem und metastasiertem Krebs sind nicht nur Tumorzellen, sondern auch bestimmte Zellen des Bindegewebes, vor allem sogenannte Fibroblasten, entscheidend beteiligt. Ein Forschungsteam der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) um PD Dr. Marc Stemmler hat in Kooperation mit einer Arbeitsgruppe der Universität Frankfurt um PD Dr. Henner Farin entdeckt, dass Darmtumore im Tiermodell auf eine Immuntherapie besser als bisher ansprechen, wenn ein Protein zur Genregulation namens ZEB1 in krebsassoziierten Fibroblasten ausgeschaltet wird. Diese Grundlagenforschung könnte auf längere Sicht die Behandlung von Darmkrebs verbessern. Die Ergebnisse wurden jetzt in „EMBO Reports“ veröffentlicht.*
Das kolorektale Karzinom ist die dritthäufigste Krebsart mit der weltweit zweithöchsten Sterblichkeit. Zwar ist Darmkrebs in frühen Stadien mittlerweile besser behandelbar, doch nach wie vor kommt es zu Rückfällen und häufig auch zur Bildung von Metastasen.
Vor allem bestimmte Subtypen von Tumoren, die spezifische Merkmale aufweisen, haben eine schlechtere Prognose. Dazu gehören Tumore, die sich unter anderem durch einen hohen Anteil an Bindegewebszellen kennzeichnen. Denn krebsassoziierte Fibroblasten (CAFs) gehören zu den Akteuren, die das Fortschreiten der Krankheit, eine Therapieresistenz sowie die Metastasierung vorantreiben. Auch die CAFs bilden verschiedene Subtypen.
Die FAU-Forschenden um Marc Stemmler haben herausgefunden, dass die Bildung von Subtypen und damit die Spezialisierung der CAFs durch das Protein ZEB1 gesteuert wird. Diese ZEB1 regulierte Fibroblasten-Vielfalt ist mitverantwortlich dafür, dass Tumorzellen sich aus dem Tumor lösen und in andere Organe metastasieren. Fehlt ZEB1 in Fibroblasten, geht die spezifische Abschirmung durch Fibroblasten verloren und Immunzellen können leichter zum Tumor vordringen, um das Fortschreiten der Erkrankung und die Streuung in andere Organe zu verhindern.
Die Forschenden untersuchten die Rolle von ZEB1 in Fibroblasten anhand von Mausmodellen. Dabei stellten sie fest, dass das Ausschalten von ZEB1 die Wanderung von Krebszellen in die Leber verringerte. Gleichzeitig sank die Fibroblasten-Vielfalt. Entzündliche Prozesse in der Tumormikroumgebung nahmen hingegen zu, mit der Folge, dass Tumoren besser auf eine Immuntherapie ansprachen. Der Grund hierfür läge darin, dass entzündliche Prozesse in der Regel die Aktivität von Immunzellen fördern beziehungsweise anlocken.
Bevor sich die Aktivität von ZEB1 in CAFs bei Menschen mit kolorektalem Karzinom beeinflussen lässt und damit Immuntherapien als weitere Behandlung bei Darmkrebs erfolgreicher werden könnten, gibt es noch einige Herausforderungen zu meistern. Zunächst müssten Medikamente – sogenannte PROTACs – entwickelt werden, die zielgerichtet das Protein ZEB1 hemmen oder abbauen, ohne dass die physiologische Funktion von ZEB1 beeinträchtigt wird und unerwünschte Nebenwirkungen auftreten.
Insgesamt ist vor einem eventuellen klinischen Einsatz ein besseres Verständnis über CAFs und wie sie die Immunumgebung des Tumors bei Patientinnen und Patienten beeinflussen nötig.