Forschende aus Würzburg, Braunschweig und Köln entwickeln ein neues Diagnostik-Tool, dass es erlaubt Grippeinfektionen einfach selbst zu erschmecken. Damit stünde ein Schnelltest auf Grippeviren per Kaugummi oder Lutscher zur Verfügung. Diese Selbstdiagnostik soll mit dem Würzburger Start-up FlareOn Biotech weiterentwickelt werden.
Die Grippe (Influenza) zählt zu den gefährlichsten Infektionskrankheiten weltweit und fordert jedes Jahr rund eine halbe Million Todesopfer. Besonders heimtückisch: Grippeviren sind schon ansteckend, bevor überhaupt erste Symptome auftreten. Trotz dieser Bedrohung sind die bisherigen Diagnosemöglichkeiten oft teuer, in der Anwendung kompliziert und in vielen ärmeren Regionen der Welt nicht verfügbar.
Ein Team um Pharmazieprofessor Lorenz Meinel von der Universität Würzburg hat gemeinsam mit den Universitäten Braunschweig und Köln eine neuartige Selbstdiagnostik bei Influenza entwickelt. Das neue Diagnose-Werkzeug nutzt das Sensormolekül Thymol – einen Naturstoff, der unter anderem in Thymian vorkommt – und einem virusspezifischen Zuckerbaustein. Kommt der Stoff in Form eines Kaugummis oder Lutschers mit dem Speichel infizierter Personen, reagiert dieser auf die Grippeviren und setzt den Geschmacksstoff Thymol frei - im Mund entsteht ein klar erkennbarer Geschmack.
Das neue Prinzip könnte die Grippediagnostik künftig einfach, kostengünstig und schnell machen. Betroffene könnten innerhalb weniger Minuten eine Infektion erkennen – ganz ohne Labor, Strom oder medizinisches Personal. Im Mund nicht-infizierter Personen dagegen würde nichts passieren. „Diese Strategie eröffnet neue Möglichkeiten für die weltweite Früherkennung und Bekämpfung der Influenza“, so Lorenz Meinel, der den Lehrstuhl für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Uni Würzburg leitet.
Das Prinzip ist zudem flexibel: Sowohl der Geschmacksträger als auch der Erkennungsbaustein lassen sich anpassen. So kann das System etwa mit süßen, bitteren oder salzigen Geschmacksrichtungen ausgestattet werden – auch kindgerecht. Ebenso lässt es sich auf unterschiedliche Krankheitserreger übertragen. Die Methode eröffnet also neue Möglichkeiten für die niederschwellige Diagnostik viraler und bakterieller Infektionen – von Influenza bis hin zu zukünftigen Erregern, die heute noch gar nicht bekannt sind.
Nun arbeitet das Forschungsteam daran, die Sensoren in Kaugummis oder Lutscher einzuarbeiten und das diagnostische System für eine massenhafte Produktion tauglich zu machen. Dabei kooperiert es mit dem 2024 aus der Uni Würzburg heraus entstandenen Start-up FlareOn Biotech GmbH. Der Entwicklungsprozess wird voraussichtlich rund vier Jahre dauern.
Die technologische Grundlage für eine neuartige Selbstdiagnostik bei Influenza wurde nun im Fachjournal ACS Central Science vorgestellt.
