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Antidepressivum gegen COVID-19?

Coronavirus

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Könnte ein gängiges Medikament gegen Depressionen möglicherweise auch als Mittel gegen Covid-19 wirken? Das vermuten Würzburger Wissenschaftler, die ihre Ergbnisse jetzt auf einem Preprint-Server veröffentlicht haben.

Seit über vier Jahrzehnten wird der Wirkstoff Fluoxetin beim Menschen zur Behandlung von Depressionen und weiteren psychischen Erkrankungen eingesetzt. Jetzt könnte das Medikament auch im Kampf gegen Covid-19 zum Einsatz kommen. Wie eine Studie von Virologen und Chemikern der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) zeigt, hemmt Fluoxetin die Vermehrung der Viren vom Typ SARS-CoV-2 deutlich. Nach Ansicht der Wissenschaftler bietet es sich deshalb vor allem zur frühen Behandlung von infizierten Patienten an, die einer der bekannten Risikogruppen angehören.

Verantwortlich für diese Studie sind Professor Jochen Bodem und sein Team vom Institut für Virologie und Immunbiologie der JMU; unterstützt wurden sie von Professor Jürgen Seibel vom Institut für Organische Chemie. Die Ergebnisse ihrer Arbeit haben die Wissenschaftler jetzt auf dem Preprint-Server bioRxiv veröffentlicht.

Seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie forschen Wissenschalftler unter Hochdruck nach einem wirkvoellen und sicheren Medikament gegen die Lungenkrankheit COVID-19. Bevor neue Wirkstoffe beim Patienten zum Einsatz kommen, müssen sie diverse Stufen klinischer Studien durchlaufen, die sehr zeitaufwändig sind. Deshalb haben die Würzburger Wissenschaftler einen anderen Weg gewählt: „Wir haben uns in unseren Untersuchungen auf bereits zugelassene Medikamente konzentriert und erforscht, ob diese sich als wirksame Inhibitoren von SARS-CoV-2 eignen“, erklärt Jochen Bodem.

Hemmung der Proteinexpression

Verantwortlich für die hemmende Wirkung von Fluoxetin auf Sars-CoV-2 scheint allerdings nicht seine eigentliche Aufgabe zu sein – der Eingriff in den Serotin-Wiederaufnahme-Prozess. Stattdessen hemmt Fluoxetin die Proteinexpression im Virus und somit die Bausteine zu bilden, die es für seine Vermehrung in der menschlichen Zelle benötigt.

Zudem zeigt die Studie, dass Fluoxetin sehr speziell auf Viren vom Typ SARS-CoV-2 wirkt. Bei anderen Viren, wie etwa dem Tollwutvirus, dem Humanen Respiratorischen Synzytial-Virus, dem humanen Herpesvirus 8 oder dem Herpes-simplex-Virus Typ 1, konnten die Wissenschaftler keine Effekte beobachten. „Es spricht also alles dafür, dass Fluoxetin virusspezifisch wirkt, dennoch muss die Wirkung im Erkrankten bestätigt werden“, so der Virologe.

Seit mehr als 40 Jahren im klinischen Einsatz, gut erforscht, das Patent längst abgelaufen, von verschiedenen Firmen erhältlich und relativ günstig.

Aus Sicht der Wissenschaftler spricht für eine frühe Behandlung von SARS-CoV-2-infizierten Patienten neben der langen Erfahrung mit Fluoxetin zudem die Tatsache, dass es die Zytokin-Ausschüttung stark vermindert und somit einen zusätzlichen Nutzen für Erkrankte hätte.

Originalpublikation
The serotonin reuptake inhibitor Fluoxetine inhibits SARS-CoV-2. Melissa Zimniak, Luisa Kirschner, Helen Hilpert, Juergen Seibel, Jochen Bodem. doi: 10.1101/2020.06.14.150490. Posted June 14, 2020. https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.06.14.150490v1