Nachrichten

Der Herzatlas

Vordergrund: Schematische Zeichnung eines Herzmuskels, Hintergrund: Ausschnitt aus einer sogenannten Heatmap, eine Übersichtsdarstellung analysierter Proteine die erstmals in einem umfangreichen Herzatlas zusammengefasst wurden. © Doll, Kraue, Menzfeld / MPIB

Ein Forscherteam aus München hat den ersten Proteinatlas des gesunden menschlichen Herzens, das sogenannte Herzproteom, erstellt. Er soll helfen, Unterschiede zwischen kranken und gesunden Herzen aufzudecken und damit kardiologische Erkrankungen besser zu behandeln.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biochemie (MPIB) und des Deutschen Herzzentrums München an der Technischen Universität München (TUM) haben erstmals sämtliche Proteine des gesunden menschlichen Herzen in einer Proteinlandkarte erfasst und festgehalten, welche und wie viele einzelne Proteine in welchen Zelltypen vorhanden sind. Ihre Arbeit veröffentlichten die Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht.

Das Herz als Proteinlandkarte

Das Herz ist eines der wichtigsten – wenn nicht das wichtigste – Organ unseres Körpers. Um den Blutkreislauf aufrechtzuerhalten, pumpt es etwa fünf bis sechs Liter Blut pro Minute durch den menschlichen Körper und schlägt dazu ungefähr zwei Milliarden Mal im Leben. Rund 10.000 Proteine im menschlichen Herzen sind an dieser Leistung beteiligt. Die Forscher aus München bestimmten die komplette Proteinausstattung der Zellen in allen Regionen des Herzens wie Herzklappen, Herzkammern und den wichtigsten Blutgefäßen.

„Der Blick in den Proteinatlas unseres Herzens zeigt: Alle gesunden Herzen funktionieren sehr ähnlich. Wir konnten in den einzelnen Regionen jeweils eine ähnliche Proteinzusammensetzung messen, die nur wenige individuelle Unterschiede zeigte“, sagt Sophia Doll, Erstautorin der Studie. Überraschenderweise glichen sich die rechte und linke Herzhälfte trotz ihrer unterschiedlichen Aufgaben.

Rückschlüsse auf Herzerkrankungen

Die komplette Analyse des gesunden Herzproteoms ist für die Erforschung von Herzkrankheiten enorm wichtig. Nur das Gesamtbild ermöglicht den Vergleich mit erkranktem Gewebe. Entstehen auf DNA- oder Protein-Ebene Veränderungen, können Krankheiten entstehen. Damit solche Veränderungen als Ursachen für Herzkrankheiten erkannt werden können, ist es wichtig zu wissen, wo welche Proteine im gesunden Herzen vorhanden sind und in welcher Menge sie vorliegen.

Zudem verglichen die Forscher ihre Werte mit Herzproteomen von Patienten mit Vorhofflimmern. Die Ergebnisse konnten tatsächlich erste Hinweise auf die Ursache der Herzrhythmusstörung liefern: Das Gewebe des kranken Herzens unterschied sich am stärksten bei Proteinen, die für die Energieversorgung der Zelle verantwortlich waren.

Möglichkeiten für personalisierte Medizin
Der Vergleich lieferte noch ein weiteres interessantes Ergebnis: Zwar waren bei allen Patienten die Proteine des Energiestoffwechsels verändert, aber bei jedem gab es individuelle Veränderungen.

„Diese Ergebnisse zeigen uns, wie wichtig die personalisierte Medizin ist. Obwohl alle Patienten sehr ähnliche Symptome haben, sehen wir anhand der Daten, dass bei allen Patienten eine unterschiedliche molekulare Fehlfunktion zugrunde liegt. In Zukunft müssen wir – gerade in der Herzmedizin – lernen, solche individuellen Unterschiede zu erkennen und zu behandeln.“, sagt Privatdozent Dr. Markus Krane, stellvertretender Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Deutschen Herzzentrum München an der TUM.

Proteinanalyse im Akkord

In der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie des Deutsches Herzzentrums München (Direktor: Prof. Rüdiger Lange) konnte Markus Krane zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen weit über 150 Gewebeproben aus über 60 Herzoperationen und aus rechtsmedizinischen Proben zusammengetragen. Erst diese große Menge an Herzmaterial machte es möglich, die einzelnen Herzbereiche so genau zu untersuchen. Prof. Matthias Mann, Leiter der Gruppe „Proteomics und Signaltransduktion“ am MPIB führte zusammen mit seinem Team, die umfangreichen massenspektrometrischen Messungen durch. Aufgrund der Weiterentwicklung der Massenspektrometrie und der Probenaufarbeitung sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf einem guten Weg zur personalisierten Medizin.

Das Team am MPIB legte großen Wert auf eine präzise, wiederholbare und schnelle Analysemethode. Das Messverfahren wurde so verbessert, dass sich jetzt eine gesamte Herzregion in weniger als zwei Tagen messen lassen kann –doppelt so schnell wie bisher. Gerade für die Anwendung am Patienten ist das entscheidend.

Weitere Informationen:
Pressemitteilung_Herzatlas

http://www.biochem.mpg.de

https://www.tum.de/