Antibiotikaresistenzen: ein globales Problem
Um den Besuchern des Workshops die Dringlichkeit, der dem Netzwerkprogramm zugrundeliegenden Fragestellungen und Probleme, darzulegen, wurden zunächst die Gefahren und Herausforderungen, die Antibiotikaresistenzen beschrieben. Dazu hat Dr. Hannelore Meyer, Gruppenleiterin im Institut für Medizinische Mikrobiologie an der TU München, in ihrem Impulsvortrag, mit dem Titel: „Das Imperium schlägt zurück, Herausforderungen, Lösungen, Herausforderungen“ die derzeitige Situation zusammengefasst und die erschreckenden globalen Entwicklungen der kommenden Jahrzehnte skizziert. Weiterhin hat sie hierfür Lösungsansätze beschrieben, die von schnellen und häufig auch naheliegenden Maßnahmen, wie z.B. Überwachung, Hygiene, oder Antibiotic Stewardship, bis zu neuen, innovative Behandlungsstrategien reichen. Zuletzt hat Dr. Meyer darauf hingewiesen, dass derzeit die erfolgreiche Einführung neuer Wirkstoffe in die klinische Anwendung durch das Fehlen eines tragfähigen Geschäftsmodells, das den Wert dieser Therapeutika widerspiegelt, gefährdet wird.
Im Anschluss an diesen Impulsvortrag wurden die verschiedenen Aspekte in einer Expertenrunde diskutiert. Hierzu haben Prof. Dr. Lothar Wieler (Präsident des Robert-Koch-Instituts, Berlin), Prof. Dr. Rolf Apweiler (Direktor des EMBL EBM, Cambridge) und Prof. Dr. Peter Hammann (Senior Vice President, Infectious Disease, Evotec Germany), die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats von bayresq.net sind, die Diskussion mit ihrer Expertise und spannenden Beiträgen bereichert. Die Panelrunde wurde durch Prof. Dr. Clarissa Prazeres da Costa (Fachärztin für Medizinische Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie und Co-Direktorin des Center for Global Health der TUM), Dr. Patrick Rämer (Facharzt für Infektiologie, Virologie und Hygiene am Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene an der TUM) und Dr. Hannelore Meyer (Gruppenleiterin einer Forschungsgruppe am gleichen Institut) ergänzt, die die Aspekte der klinischen Diagnostik, der akademischen Wirkstoffforschung und Global Health vertreten haben. Mit Prof. Dr. Horst Domdey dem Wissenschaftlichen Leiter des Programms, und Managing Director der BioM, konnten wir der Expertenrunde mit einem ausgewiesenen Kenner der Förder-und Biotechnologielandschaft in Bayern abrunden.
Limitiertes Budget an Krankenhäusern für schnelle Diagnostik
Ausgehend von der Frage, ob die Krankenhäuser auf multiresistente Krankheitserreger gegen die wir keine Therapie mehr in Händen haben vorbereitet sind, entspann sich sehr schnell eine rege Diskussion, welche Bedeutung der Prävention und der Diagnostik bezogen auf die Problematik zukommen, wie Prof. Wieler betonte. Dabei erstaunte, dass eine genaue Erregeranalyse an den Krankenhäusern auch heute noch bis zu 48 Stunden dauert, wertvolle Zeit die verstreicht bevor man wichtige Maßnahmen einleiten könnte. Eine große Hürde bilden dabei auch die starren Abrechnungsrichtlinien der Krankenkassen die das Budget für diagnostische Leistungen auf einem sehr niedrigen Level limitieren. Dies hat zur Folge, dass moderne Methoden die zwar verfügbar wären, wie z.B. Massenspektroskopie, in den Krankenhauslaboren nur eingeschränkt eingesetzt werden können, wie Dr. Rämer und Prof. Da Costa aus dem klinischen Alltag berichteten.
Daten sollten zeitnah zur Verfügung stehen
Eine zentrale Aussage auf die unsere Diskussion immer wieder Bezug nahm, war auch die Forderung, dass Wissenschaft zukünftig wichtige Daten unmittelbar für die Medizin und Forschung zugänglich machen sollte. Der im Netzwerk angestrebte open Data Ansatz, scheitert häufig an der Tatsache, dass wissenschaftliche Exzellenz im Wesentlichen an der Anzahl und Qualität der Veröffentlichungen festgemacht wird. Dieser Umstand führt dazu, dass die Daten bis zum Erscheinen der Veröffentlichungen zurückgehalten werden müssen, und so nicht zeitnah für die Forschung bereitgehalten werden können. Dabei wäre es so wichtig diesen Schatz zum Wohle der Patienten, so schnell wie möglich zu heben, wie sich die Professoren Wieler und Apweiler einig waren. Erschwerend kommt hinzu, dass sich immer mehr Pharmafirmen aus der Produktion und Entwicklung neuer wirksamer Antibiotika zurückziehen. Da dieser Geschäftszweig keinen Return on Investment in einem absehbaren Zeitraum garantiert und die Firmen weder das Geld, noch das Personal dafür einsetzen wollen, neue Strategien zu entwickeln, wie Prof. Hammann uns die Lage im Bereich der Industrie nahebringt.
Interdsiziplinäre Vernetzung notwendig
Auch hier müssen neue Wege beschritten werden. So sollten akademischen Forschungsanstrengungen enger mit Pharmaunternehmen vernetzt werden, um die Ressourcen der Grundlagenforschung besser zu nutzen und zuverlässiger in die Anwendung zu überführen. Weiterhin müssen dringend neue Finanzierungs- und Zulassungsmodelle bzw. Erstattungsmöglichkeiten von Seiten der Krankenkassen, sowie staatlicher Zuwendungen oder Anreize entwickelt werden, um innovative Therapeutika erfolgreich in die Klinik zu bringen.
Das Resümee der Runde zeichnet ein klares Bild. Konfrontiert mit der Komplexität und Globalität von Antibiotikaresistenzen, müssen sich alle beteiligten Akteure und Bereiche eng miteinander vernetzen. Ziel muss es sein, in gemeinsamer und interdisziplinärer Zusammenarbeit in allen Teilbereichen schnellstmöglich Lösungen zum Wohle der Patienten zu erarbeiten.
Weitere Informationen:
www.bayresq.net
https://www.bio-m.org/nachrichten/detail/forum-science-health-liefert-neue-impulse-fuer-die-personalisierte-medizin.html
www.forum-science-health.org