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LMU-Forscher: auch der Schlaf ist "personalisiert"

Nun also auch noch das Heiligste, der Schlaf. Nun greift sich die "personalisierte" Dingenskirchen auch dieses Feld, dringt mit der Genomforschung in die Dunkelheit des Schlafzimmers und entdeckt - nun, nichts wirklich Überraschendes: jeder schläft anders.

Doch das wusste man schon von einer besonders bemitleidenswerten Forschergattung, den "Schlafforschern". Warum bemitleidenswert? Nun erklären Sie einmal jemanden, dass Sie "Schlafforscher" sind..., schallendes Gelächter ist jedesmal die naheliegendste Reaktion.

Aber wieder ernsthaft:
Die Schlafdauer eines Menschen ist individuell unterschiedlich. Eine Rolle spielen – neben saisonalen Veränderungen – unter anderem das Alter, Geschlecht und der sogenannte "Chronotyp", der Menschen zu früh schlafenden und früh erwachenden „Lerchen“ oder zu späten „Eulen“ macht. Soweit bekannt unter denjenigen, die überhaupt schon einmal etwas von Schlafforschung und Chronobiologie gehört haben.

Nun kommt das Neue: Ein internationales Forscherteam um den LMU-Chronobiologen Professor Till Roenneberg und Dr. Karla Allebrandt haben nun den ersten genetischen Faktor identifiziert, der die Schlafdauer beeinflusst und zugleich weit in der Bevölkerung verbreitet ist. Die Wissenschaftler führten dazu eine sogenannte genomweite Assoziationsstudie durch, bei der mehr als 4.000 Probanden aus sieben europäischen Populationen von Estland bis Italien zu ihren Schlafgewohnheiten Rede und Antwort standen. Dabei zeigte sich, dass Individuen, die über zwei Kopien einer bestimmte Variante des Gens ABCC9 verfügen, in einer störungsfreien Umgebung deutlich weniger schlafen als Personen mit zwei Kopien einer anderen Version.

Das Gen ABCC9 kodiert für das Protein SUR2, eine Untereinheit eines Kaliumkanals, der als Sensor für den intrazellulären Energiemetabolismus fungiert. „Es ist besonders spannend, dass dieses Protein auch bei Herzleiden und Diabetes eine Rolle spielt, wie funktionale Studien erwiesen haben“, sagt Dr. Karla V. Allebrant, Erstautorin der Studie und Chronobiologin an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. „Ein Zusammenhang von Schlafdauer und Stoffwechselstörungen kann daher möglicherweise durch gemeinsam benutzte molekulare Mechanismen erklärt werden.“ Das Gen ABCC9 und entsprechende genetische Faktoren sind weit verbreitet: Das Team um Roenneberg blockierte das entsprechende Gen in Fruchtfliegen, woraufhin die Tiere eine deutlich verkürzte Schlafdauer zeigten. Bei Säugetieren ist das Gen in verschiedenen Geweben aktiv, unter anderem im Herz, dem Skelettmuskel und dem Gehirn sowie in Teilen der Bauchspeicheldrüse. „Besonders ermutigend ist, dass ABCC9 auch bei Fliegen den Nachtschlaf verkürzt“, sagt Roenneberg. „Dies zeigt, dass die genetische Kontrolle der Schlafdauer bei den unterschiedlichsten Tierarten auf ähnlichen Mechanismen beruhen könnte.“  (Molecular Psychiatry online, 22. November 2011)

Publikation:
„A KATP channel gene effect on sleep duration: from genome wide association studies to function in Drosophila”;
Karla V. Allebrandt et.al.;
Molecular Psychiatry online, 22. November 2011;
Doi: 10.1038/mp.2011.142

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Till Roenneberg
Medizinische Fakultät der LMU
Tel.: 089 / 2180 – 75-239
Fax: 089 / 2180 –  75-238
E-Mail: roenneberg@remove-this.lmu.de
Web: http://www.imp.med.uni-muenchen.de/about_us/members/professoren/roenneberg/index.html