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Regensburg meldet Erfolge bei CRISPR/Cas9-Gentherapie

Am Universitätsklinikum Regensburg startete vor rund einem Jahr die erste unternehmensfinanzierte CRISPR/Cas9-Studie beim Menschen in Europa. Nun meldet das Klinikum eine positive Zwischenbilanz zur Behandlung einer Patientin mit der lebensbedrohlichen Blutkrankheit Beta-Thalassämie.

Am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) wurde die erste Beta-Thalassämie-Patientin mit dem CRISPR/Cas9-Verfahren behandelt (BioM berichtete vom Start der Studie). Eine weitere Studie läuft im Bereich der Sichelzellerkrankungen. Nun wurde in einer ersten Zwischenbilanz ein positives Resümee gezogen.

Die Patientin, die weltweit erstmalig mit der sogenannten Genschere CRISPR/Cas9 behandelt wurde, ist 20 Jahre und leidet an Beta-Thalassämie, einer angeborenen, chronischen Blutkrankheit, die eine lebensbedrohliche Anämie und andere schwere Komplikationen verursachen kann. Normales Hämoglobin – Bestandteil der roten Blutkörperchen - besteht aus zwei Haupt-Eiweißketten (α und ß), bei der Beta-Thalassämie werden allerdings weniger oder gar keine ß-Ketten produziert. Betroffene leiden in der Folge an zu wenig oder zu kleinen roten Blutkörperchen, die weniger roten Blutfarbstoff enthalten und somit nicht genug Sauerstoff transportieren können.

Beta-Thalassämie-Patienten können bislang nur durch eine Stammzelltherapie geheilt werden. Dazu muss jedoch ein Familienspender gefunden werden, dessen HLA (human leucocyte antigen)-Merkmale, also das Oberflächenprofil der Körperzellen identisch ist. Sonst würde das Immunsystem des Empfängers die transplantierten Zellen als fremd erkennen und abstoßen.

Ist eine Transplantation nicht möglich, sind Betroffene auf regelmäßige Bluttransfusionen (12-18 Mal pro Jahr) angewiesen, mit all ihren potentiell lebensverkürzenden Nebenwirkungen. Insbesondere die Eisenüberladung lebenswichtiger Organe wie Herz und Leber führen über kurz oder lang zu schweren Komplikationen und zum Tod.

Patienten dürfen auf neue Therapie hoffen

Vor neun Monaten wurden die Blutstammzellen der Patientin in Regensburg durch das CRISPR/Cas9-Verfahren genetisch verändert. Tatsächlich ist sie bis heute transfusionsfrei und weist aktuell normale Blutwerte auf. Durch die Genomeditierung werden dabei keine der zugrundeliegenden Gendefekte korrigiert. Stattdessen wird ein alternatives Hämoglobingen aktiviert, wodurch die manipulierten Zellen sogenanntes fetales Hämoglobin produzieren können, welches den Sauerstofftransport übernimmt.

"Diese ersten Zwischenergebnisse stimmen uns sehr positiv", führt Prof. Selim Corbacioglu, Leiter der Abteilung für Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation sowie Studienleiter am UKR, aus. "Für Patienten, denen keine kurative Alternative angeboten werden kann, würde diese Therapieform die Heilung von einer schrecklichen Krankheit bedeuten."

CRISPR/Cas9 zeigt auch bei der Sichelzellerkrankung positive Ergebnisse

Ähnlich wie bei der Beta-Thalassämie ist auch bei der Sichelzellerkrankung genetisch bedingt die Hämoglobinbildung gestört. Die ß -Eiweißkette wird zwar produziert, eine einfache Punktmutation verändert die roten Blutkörper aber derartig, dass sie in sauerstoffarmem Milieu eine sichelartige Form annehmen. Diese Zellen verursachen durch diese bizarre Formveränderung eine Verstopfung der Blutgefäße, die dadurch entzündet und chronisch krank werden. Die Folgen sind unter anderem Schmerzkrisen, Hirninfarkte, Lungeninfarkte, hohe Infektneigung und unbehandelt eine Kindersterblichkeit von mehr als 85 Prozent in den ersten fünf Lebensjahren.

Neben der Studie zur Thalassämie ist Regensburg deutschlandweit das einzige Zentrum, das eine CRISPR/Cas9-basierte Gentherapie für die Sichelzellerkrankung anbietet.

Für diese haben die Unternehmen CRISPR Therapeutics und Vertex Pharmaceuticals Incorporated kürzlich ebenfalls erste Ergebnisse einer amerikanischen Patientin veröffentlicht.

"Auch diese Ergebnisse geben Anlass zur Hoffnung", so Professor Corbacioglu weiter. "Die Patientin weist seit ihrer Behandlung vor vier Monaten keine Gefäßverschlüsse mehr auf. Zuvor hatte sie im Schnitt sieben pro Jahr.

Insgesamt sollen am UKR jeweils fünf bis sechs Patienten pro Studie behandelt werden.

Die Studien zur von Vertex und CRISPR Therapeutics entwickelten Stammzelltherapie CTX001 werden ex vivo durchgeführt. Dabei werden den Patienten blutbildende Stammzellen entnommen, welche anschließend in einem Labor durch das CRISPR/Cas9-Verfahren bearbeitet werden. Bevor die so editierten Zellen dem Patienten wieder eingesetzt werden können, wird diesem wie bei einer Stammzelltransplantation üblich durch eine Chemotherapie das Knochenmark zerstört. Der Patient erhält im Anschluss seine genveränderten Zellen wie bei einer Bluttransfusion. Die neuen Blutstammzellen siedeln sich in den Markhöhlen der Knochen an und beginnen dort funktionstüchtige Blutzellen zu bilden, die die ansonsten nötigen, aber auf Dauer schädlichen Bluttransfusionen ersparen.

Weitere Informationen: www.ukr.de