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Bayern goes Boston - Firmengründung von Proteros ... in den USA: Rodin Therapeutics

Eine Firmengründung der etwas ungewöhnlichen Art passierte die schnellmitlesenden Augen auf manchen Bildschirmen vor einigen Tagen vielleicht etwas zu schnell, und das Ganze wurde unter "na ja, wieder eine Firmengründung in USA" abgehakt, abgeheftet oder sonstwohin digital entsorgt.

Die Firmengründung der "Rodin Therapeutics Inc" in Cambridge/Boston an der US-Ostküste zeigt jedoch sehr bayerische Bestandteile: wenn man etwas näher hinschaut, wird daraus gar eine selten gesehene "transatlantische" Gemeinschaftsgründung mit Beteiligung der Martinsrieder Firma Proteros. Das fanden wir doch jedenfalls spannend genug, um etwas nachzufragen, und dies haben wir beim Vorstand von Proteros getan. Hier die Antworten von Torsten Neuefeind (CEO) und Arnd Christ (CFO):

 

 

BioM: Diese Meldung liest sich ja anfangs etwas verwirrend und man fragt sich oder klickt das auch schnell weg nach dem Motto „was hat das mit uns hier in Bayern/Deutschland denn zu tun, was die in USA machen?“. Sie können uns da sicherlich weiterhelfen, was Sie mit dieser „atlantik-überspannenden“ Firmenmitgründung Besonderes erreicht haben?

Proteros: Ein besonderer Punkt ist das Instrument der Projektfinanzierung. Die Investoren sind Atlas Venture und das neu gegründete Johnson&Johnson Innovation Center im neuen LabCentral-Gebäude gegenüber des MIT, beides  US-amerikanische Blue Chip Investoren. Atlas bekommt pro Jahr über 1000 Finanzierungsanfragen, tatsächlich finanziert wurden im letzten Jahr wohl lediglich 12 Projekte. Weiter ist hervorzuheben, dass es sich hier um die Finanzierung eines frühen Drug-Discovery Projektes handelt, und nicht um eine klassische Finanzierung klinischer Assets.


BioM: Erklären Sie uns doch kurz den Hintergrund auch: wie sind die Rodin-Gründer, die, wenn ich es richtig gelesen habe, ehemals aus der Pfizer-Neuroforschung stammen, denn überhaupt auf Proteros gekommen?

Proteros: Es war andersrum: wir sind mit unserem Projekt auf den VC zugegangen, der eine Due Diligence bei dem  ex-Pfizer Experten für Neuroscience, Martin Jeffson beauftragt hat - mit dem Ergebnis, dass alle gemeinsam Rodin gegründet haben und Martin Jeffson als CSO eingestiegen ist.

BioM: Gibt es solche Avancen auch hierzulande, sei es ausgehend von Proteros, dass Sie interessante Dinge auf dem Schirm haben in der Wissenschaft oder einem Unternehmen, oder dass Sie für engere Formen der Kooperationen in so einem Stil wie bei Rodin angesprochen werden?

Proteros: Wir haben hierzulande keinen Investor angesprochen, weil wir wussten, dass in Boston Investoren sitzen, die solche Konzepte gezielt suchen und wir mit denen auch schon in anderen Projekten erfolgreich zusammengearbeitet hatten.

BioM: Würden Sie sagen - die Schwierigkeiten der Finanzierung deutscher Biotechnologie hierzulande sind ja ein lange gesungenes Klagelied -, dass der „Sprung über den Teich“ derzeit oder sogar auch längerfristig fast die einzige Chance für „innovationen made in germany“ sind – in der Biotechnologie?

Proteros: Sicherlich ist die Finanzierungslandschaft in den USA für die Biotechnologie besser als in Europa.
Unser Beispiel ist aber auch ein spezieller Fall, aus dem man sicher keine ganz allgemeinen Rückschlüsse auf diese spezielle Finanzierungsart ziehen kann.

BioM: Was war das Erfolgsrezept zur Gewinnung internationaler Investoren?

Proteros: Das alles Entscheidende sind sicher die Inhalte: in unserem Fall die Technologieplattform von Proteros und die projektspezifischen Assets, die wir erarbeitet hatten, bevor wir nach außen gegangen sind. Es gibt natürlich auch in Europa und Deutschland viele Beispiele erfolgreicher Gewinnung internationaler Investoren.


BioM: Im Falle von Micromet hat man etwas vielleicht Ähnliches gesehen, dass durch einen Firmenkauf eines US-Unternehmens und die Übernahme dessen Börsennotierung Micromet plötzlich zu einer „amerikanischen“ Firma wurde in der Wahrnehmung, dies aber für die US-Investoren damit auch erst wirklich „relevant“ wurde – bis hin zum Aufkauf durch Amgen 2012. Ist das ein „abschreckendes“ Beispiel für Sie oder hat Sie auch so eine Perspektive angetrieben?

Proteros: Ehrlich gesagt, haben wir uns darüber in keiner Weise irgendwelche Gedanken gemacht. Das einzige worum es uns ging, waren die Inhalte und den richtigen Partner zu finden, der nicht nur investiert sondern auch idealerweise inhaltlich unterstützt. Wir sind bzgl. aller Punkte von den amerikanischen Partnern extrem beeindruckt.


BioM: Manchmal hört man dann den Vorwurf des „Ausverkaufs deutschen Know-Hows“ in diesen internationalen Kooperationsmodellen, sehen Sie diese Gefahr?

Proteros: Überhaupt nicht. Wir sind Shareholder, und können den größten Teil der Arbeiten mit unseren exzellenten Mitarbeitern in Martinsried durchführen, während in  Boston keinerlei operative Tätigkeiten stattfinden.

BioM: Wir, BioM, versuchen gerade gemeinsam mit dem Hightech Gründerfonds (HTGF) sowie BIO-Deutschland und einem Netzwerk deutschstämmiger Biotech-Unternehmer aus Boston dort vor Ort in Boston einen „deutschen Brückenkopf“ zu entwickeln, der als „german lifescience accelerator“ fungieren und dabei den deutschen Biotechs auf den Radarschirm der US-Investoren helfen soll. Dazu starten wir im Herbst einen Testlauf und lassen uns gerne durch Ihr aktuelles Beispiel anspornen. Sähen Sie in so einer „konzertierten“ Aktion für die gesamte deutsche Biotechszene einen Gewinn – auch für bereits bestehende deutsch-amerikanische Partnerschaften?

Proteros: Ja, das sehen wir und zwar deswegen, weil selbst bei guten Inhalten ausländische Unternehmen in Boston einen Standortnachteil haben: Sie müssen in einem sehr kompetitiven und starken Umfeld aus der Entfernung um die Aufmerksamkeit buhlen.

BioM: Wir danken für Ihre Einschätzungen, und wünschen alles Gute!

Hier geht es zur Proteros-Homepage mit der erwähnten Pressemeldung sowie natürlich allen relevanten Informationen zum Unternehmen: www.proteros.com