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DATIpilot-Innovationssprints: Projekte der FAU und des Uniklinikums Erlangen erhalten Förderung

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Einen digitalen Lungenzwilling erstellen, Antibiotikaresistenzen bekämpfen, die Erregerdiagnostik von Blutvergiftungen maßgeblich verringern oder mit Lichtblättern durch Gewebe sehen: Mit diesen Vorhaben haben Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Uniklinikums Erlangen bei den DATIpilot-Innovationssprints des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gepunktet und werden nun mit jeweils 150.000 Euro für bis zu 18 Monate gefördert. Die vier Forschungsprojekte haben sich damit unter insgesamt 3.000 Bewerbungen durchgesetzt.

Die DATIpilot-Innovationssprints sind eine Förderrichtlinie des BMBF, die die Entwicklung technologischer und sozialer Innovationsprojekte beschleunigen soll. Im Gegensatz zu anderen Programmen ist der Antrag für die DATIpilot-Innovationssprints sehr niedrigschwellig, damit Akteurinnen und Akteure im gesamten Förderprozess schneller und bedarfsorientierter angesprochen und aktiv eingebunden werden können.

BreatheAssist: der digitale Lungenzwilling

Jedes Jahr müssen in Deutschland mehr als 65.000 Menschen wegen akutem Lungenversagen maschinell beatmet werden. Das Problem: Die maschinelle Beatmung kann die Lunge schädigen, außerdem nimmt die Atemmuskulatur mit täglich über sieben Prozent schnell ab. Manche Patientinnen und Patienten bleiben ihr Leben lang auf das Beatmungsgerät angewiesen.

Dr. Navid Bonakdar vom Lehrstuhl für Biophysik (Prof. Dr. Ben Fabry) zusammen mit Prof. Dr. Roland C. E. Francis, Direktor der Anästhesiologischen Klinik des Uniklinikums Erlangen, und die Firma Ebenbuild wollen ein neues Konzept entwickeln, das den Überdruck im Beatmungsgerät möglichst lungenschonend einsetzt und es ermöglicht, die eigene Atmung der betroffenen Personen früh zu trainieren.

Die optimale Einstellung der Beatmungsgeräte soll ein digitaler Lungenzwilling, der mithilfe von Computertomografie-Aufnahmen (CT) individuell erstellt wird, möglich machen. Mit ihm kann die Ärzteschaft verschiedene Beatmungsparameter und -szenarien durchspielen und so die individuell beste Beatmungsform auswählen.

NAVET: Antibiotika von Bakterien produziert

Die stille Pandemie der Antibiotikaresistenzen gehört zu den größten Bedrohungen der Menschheit. Prof. Dr. Gregor Fuhrmann, Inhaber des Lehrstuhls für Pharmazeutische Biologie, will dieses Problem mit speziellen, bakteriellen Vesikeln angehen: Das sind von Bakterien produzierte Lipidpartikel.

In Kooperation mit Wissenschaftlern vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland untersucht er dafür eine Gruppe von bodenlebenden Bakterien (Myxobakterien), die effektiv ihre schädlichen Nachbarn bekämpfen können, für Immunzellen aber unschädlich sind. Sie produzieren Lipidpartikel im Nanometerbereich, sogenannte Vesikel, um mit ihrer Umwelt zu kommunizieren. Diese sind wiederum mit antibiotischen Wirkstoffen beladen – und zwar von Natur aus. In unterschiedlichen Infektionsmodellen wurden die Vesikel isoliert und untersucht.

Im nächsten Schritt will der Forscher nun im Projekt „Natürliche Vesikel als inhärent antibiotische Therapeutika“ (NAVET) die natürlichen Vesikel in größerem Umfang produzieren, um präklinische Studien und neue Therapiekonzepte zu ermöglichen. Diese könnten dann die wirksamen Abwehrstoffe der natürlichen Vesikel beinhalten.

MagNaSeP: Mit magnetischen Nanopartikeln weltweit gegen Sepsis vorgehen

Alleine in Deutschland sterben jedes Jahr etwa 75.000 Menschen an Sepsis (Blutvergiftung), weltweit sind es ungefähr elf Millionen Menschen. Ein Grund ist die zeitintesive Identifizierung des Erreger durch eine Blutkultur.

Prof. Dr. Dr. Stefan Lyer und PD Dr. Rainer Tietze von der Sektion für Experimentelle Onkologie und Nanomedizin (SEON) an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Iro) des Uniklinikums Erlangen haben mit ihrem Team nun eine Möglichkeit gefunden, die Blutkultur zu ersetzen und diesen Schritt auf 30 Minuten zu senken.

Der neue Ansatz von MagNaSeP – kurz für „Magnetische Separation von Pathogenen aus Blut für eine beschleunigte und zuverlässigere Sepsisdiagnostik“ – basiert auf magnetischen Nanopartikeln, die einen kleinen Teil eines menschlichen Speichelproteins tragen. Das Protein kann eine große Anzahl an verschiedenen Pathogenen, also Erregern, binden.

Auf lange Sicht könnte der langwierige Prozess der Blutkultur – der Schritt, bei dem Erreger vermehrt werden, um sie danach identifizieren zu können – durch MagNaSeP wegfallen.

MultiSPIM: Mit Lichtblättern durch Organoide sehen

Wer Gewebe genau unter dem Mikroskop untersuchen will, muss dieses in der Regel fixieren und aufschneiden. Die Folge: Das Gewebe ist kaputt und nicht weiter brauchbar. Um untersuchen zu können, wie sich kleine Gewebemodelle aus lebenden Zellen, sogenannte Organoide, dreidimensional im Zeitverlauf verändern, sind klassische Mikroskopietechniken daher ungeeignet.

Deshalb arbeitet Prof. Dr. Dr. Oliver Friedrich, Leiter des Lehrstuhls für Medizinische Biotechnologie, gemeinsam mit seinem Team an der Weiterentwicklung einer Mikroskopie-Technologie, die genau dieses Problem umgeht. Anstatt Gewebe zu zerschneiden, setzen die Forschenden einen schnell rotierenden Lichtstrahl ein: Durch diese Bewegung entsteht ein sogenanntes Lichtblatt, das die Strukturen des Gewebes in der beleuchteten Ebene sichtbar macht. Neu an dieser Technologie: Die Forschenden erzeugen das Lichtblatt durch gepulste Laser, wodurch dieses eine spezielle Strahlform annimmt. Das erlaubt größere Sichtfelder als bisher – und das bei sehr dünner Schichtdicke der einzelnen Ebenen.

Die Technologie kann künftig beispielsweise für die personalisierte Untersuchung von Tumoren eingesetzt werden, die aufbereitet als kleine Organmodelle, Organoide, im Labor kultiviert und mit unterschiedlichen Medikamenten behandelt werden, um herauszufinden, welches Medikament genau für welche Patient/-innen passend ist. Die Technik kann auch im Bereich der Gewebekonstruktion durch 3D-Druck angewendet werden. Das Team will die Technologie zusammen mit ihrem Firmenpartner, der Interherence GmbH aus Erlangen, zur Marktreife für die biomedizinische Anwendung weiterentwickeln.