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Die Gewinner des m⁴ Awards

Das Bayerische Wirtschaftsministerium hat heute die Gewinner des m4 Awards bekannt gegeben: Fünf Wissenschaftler-Teams aus Bayern erhalten über 2 Jahre eine Forschungsförderung von durchschnittlich 500.000 Euro und eine professionelle Betreuung, um ihre innovativen Ideen soweit voranzutreiben, dass sie die Grundlage für eine Unternehmensgründung bilden. Der m4 Award fördert insbesondere kommerzialisierbare Projekte im Bereich der Personalisierten Medizin. Damit soll die bayerische Gründerszene in der wichtigen Schlüsseltechnologie Biotechnologie belebt werden.

„Der m4 Award stärkt und beschleunigt den Übergang von akademischer Forschung in marktreife Produkte“, sagte Bayerns Wirtschaftsstaatsekretärin Katja Hessel vor der Preisverleihung. „Dies kommt nicht zuletzt dem Patienten zu Gute, der von modernen, personalisierten Medikamenten profitiert.“

Die “Personalisierte Medizin“ nutzt die neuen Erkenntnisse über genetische und molekulare Ursachen von Krankheiten, um auf bestimmte Patientengruppen zugeschnittene Therapien zu entwickeln. Hier spielt auch die Diagnostik in Zukunft eine immer größere Rolle.

Durch ein solch tiefgehendes Verständnis von Krankheitsmechanismen und molekularen Signalwegen fördert die Grundlagenforschung immer neue Ansatzpunkte für Medikamente zu Tage. So nutzen die Teams um die Preisträger Dr. Felix Hausch vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie und um Prof. Dr. Ritter vom Universitätsklinikum Würzburg neue Zielmoleküle, um Therapien gegen Depression bzw. Herzschwäche zu entwickeln. Zwei weitere Gewinnergruppen entwickeln innovative Krebstherapien, die die körpereigene Abwehr des Patienten aktivieren: Prof. Dr. Karl-Peter Hopfner vom Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München entwickelt personalisierbare, dreiarmige Antikörper gegen spezielle Formen der Leukämie und Prof. Dr. Dolores Schendel vom Helmholtz Zentrum München etabliert eine zelltherapeutische, individualisierte Impfung gegen Prostatakrebs. Ein weiteres Projekt vom Helmholtz Zentrum München will neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson bekämpfen: das Team um Dr. Joel Schick hat ein neuartiges Verfahren etabliert, mit dem sich in Zellkultur die Wirksamkeit von neuen Substanzen besser testen lässt.

Damit aus den guten Ideen auch einmal gesunde Start-up-Unternehmen werden, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Münchener Preisträger zusätzlich mit bis zu 30.000 Euro für Beratungsdienstleistungen im Hinblick auf eine professionelle Projektentwicklung und Gründungsvorbereitung. Dies ist ein Teil der Spitzencluster-Förderung des BMBF, welche der Münchener Biotech Cluster mit dem Programm „m4 – Personalisierte Medizin und zielgerichtete Therapien“ einwerben konnte. Bis 2015 werden ca. 35 Projekte mit über 100 Partnern unterstützt, um die Personalisierung der Medizin in der High-Tech-Region München zu etablieren.

Der m4 Award wird durchgeführt von BioM und dem netzwerk nordbayern. Projektpartner sind die Technologie Transferstellen der Ludwig-Maximilians-Universität (KFT) und der Technischen Universität (TUMForTe), die Technologie-Transfer-Einrichtungen des Helmholtz Zentrums München (Ascenion) und der Max-Planck-Gesellschaft (Max Planck Innovation) sowie die Bayerische Patentallianz.



Die Preisträger des m4 Awards 2011:

Dr. Felix Hausch, Dr. Marcelo Paez-Pereda, Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München
FLipeD: FKBP51-Liganden für eine personalisierte Depressionstherapie

Bei der Entstehung der Depression spielen körpereigene Stresshormone wie das Cortisol eine wichtige Rolle. So zeigen ca. 50 % aller Depressionspatienten eine veränderte hormonelle Stressreaktion, die auf ein verringertes Ansprechen auf Cortisol zurückzuführen ist.

Ein wichtiger Regulator in der Vermittlung der Stressantwort ist das Protein FKBP51. Es bestimmt wie effektiv Cortisol im Organismus wirkt. Nachweislich kann eine Reduktion von FKBP51 zu einer Normalisierung der hormonellen Stressreaktion und zur Verbesserung von Depressionssymptomen führen. Die Partner um Dr. Hausch machen sich das Wissen um den atomaren Aufbau des Proteins FKBP51 zu nutze, um neue Wirkstoffe zu entwerfen, die dieses Protein hemmen. Diese Wirkstoffe würden zielgerichtet genau den Patienten zur Verfügung gestellt, die unter einem verminderten Ansprechen auf Cortisol leiden. Da sich dieser therapeutische Ansatz mechanistisch von den vorhandenen Antidepressiva unterscheidet, könnten neuentwickelte Medikamente besonders gut für die Kombinationstherapie bei Depression eingesetzt werden.

 

Prof. Dr. Karl-Peter Hopfner1, Priv.-Doz. Dr. Dr. Fuat Oduncu2, MBA, Prof. Dr. Georg H. Fey3
1Genzentrum der Ludwig-Maximilians Universität München, 2Medizinische Klinik Innenstadt, München, 3Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Personalisierte Leukämie-Therapie durch "duales Targeting" mit Antikörper-Derivaten (Triplebodies)

Die akute Myeloische Leukämie (AML) ist eine Krebserkrankung des Blutes. Es gibt viele verschiedene Unterklassen der AML, die meistens nur sehr schlecht therapierbar sind: nur 16%-27% Prozent der Patienten überleben länger als vier Jahre. Die Ursache dafür ist, dass nach der konventionellen Chemotherapie eine minimale Restkrankheit verbleibt. Aus den überlebenden AML-Stammzellen werden neue Krebszellen gebildet, die zu Rezidiven führen. Das Team um Prof. Dr. Karl-Peter Hopfner, PD Dr. Dr. Fuat Oduncu und Prof. Dr. Georg Fey entwickelt eine besondere Form von Antikörpern, sogenannte Triplebodies, die an zwei Oberflächenmoleküle der Krebs-Stammzellen binden. Gleichzeitig binden die Triplebodies an natürliche Killerzellen des Immunsystems, die dadurch an die Krebszelle geholt werden und diese wirksam abtöten. Das Erkennen von zwei Oberflächenmolekülen auf Krebs- und Krebsstammzellen ermöglicht die Entwicklung einer auf die bestimmte Patientengruppen besser abgestimmte personalisierte Therapie der AML. Die Triplebodies sind auch als Plattformtechnologie interessant, da mit diesem Wirkprinzip prinzipiell auch andere Krankheiten therapiert werden könnten.

Prof. Dr. Oliver Ritter, Dr. Martin Czolbe, Universitätsklinikum Würzburg, Medizinische Klinik I
Die Blockade der Calcineurin-Importin-Interaktion als innovatives neues Wirkprinzip zur Behandlung von Herzinsuffizienz


Herzmuskelschwäche äußert sich mit verringerter Belastbarkeit, starker Atemnot und einer hohen Sterblichkeit. Bei der Entwicklung der Herzschwäche spielt das Enzym Calcineurin eine wichtige Rolle, das im Falle einer Herzschwäche vom Zellkern der Herzmuskelzellen aufgenommen wird und dann über eine Signalkaskade im Zellkern zu einer Aktivierung von fehlgeschalteten Genen führt. Um in den Zellkern aufgenommen zu werden, benötigt Calcineurin ein Träger-Protein, ein sogenanntes Importin. Die Arbeitsgruppe von Prof. Ritter konnte dieses Importin identifizieren, welches sich als Zielmolekül für eine neuartige Therapie der Herzschwäche eignet. Es ist ferner gelungen, einen Peptid-Wirkstoff zu entwickeln, der die Aufnahme von Calcineurin in den Zellkern verhindert und den Signalweg hemmt. Im Rahmen der Förderung durch den m4 Award sollen die toxikologischen und pharmazeutischen Eigenschaften dieses Peptid-Wirkstoffes untersucht werden und die klinischen Phasen vorbereitet werden. Das angestrebte Medikament hätte gegenüber der derzeitigen Therapie der Herzschwäche den Vorteil, dass es sehr früh im Krankheitsmechanismus ansetzt und so die Progression der Erkrankung verhindern könnte.

Prof. Dr. Dolores Schendel, Dr. Christiane Geiger, Dr. Miran Javorović
Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit
Institut für Molekulare Immunologie
Individualisierte Dendritische Zellen als Impfstoffe für Patienten mit Hormon-resistentem Prostatakrebs

Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern und weist eine hohe Mortalität auf. Nach 2-3 Jahren entwickeln viele metastasierende Tumore eine Resistenz gegen die gängige Hormontherapie und sind dann nur noch schwer behandelbar. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dolores Schendel möchte das körpereigene Immunsystem befähigen, die Krebszellen zu erkennen und zu zerstören. Als therapeutischer Impfstoff dienen Zellen des Immunsystems, sogenannte Dendritische Zellen. Diese Zellen präsentieren dem Immunsystem Bruchstücke von Oberflächenmolekülen, die sich auf Tumorzellen finden und ermöglichen dem Körper so, die Tumorzellen als „fremd“ zu erkennen. Dies setzt eine breite Immunabwehr in Gang und könnte zu einer vollständigen Heilung führen. Die im Projekt entwickelte Plattformtechnologie der Zelltherapie stellt einen innovativen und hoffnungsvollen Bereich der Medizin dar, der auch auf andere Indikationen ausgeweitet werden könnte.

 
Dr. Joel Schick1, Dr. Marcus Conrad1,2, Prof. Dr. Wolfgang Wurst1
1Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Institut für Entwicklungsgenetik, 2DZNE – Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen

RỌScue: Neue Medikamente zur Bekämpfung neurodegenerativer Erkrankungen
In einer alternden Gesellschaft wird der Bedarf an Medikamenten gegen neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson stetig zunehmen. Schon seit längerem ist bekannt, dass das Absterben der Neuronen durch reaktive Sauerstoff-Spezies („Radikale“) verursacht wird. Neu hingegen ist die Erkenntnis, dass diese Stoffe den Zelltod häufig über spezifische Signalwege auslösen. Die in den Signalwegen beteiligten Proteine bieten daher eine neue Angriffsfläche für Medikamente. Das Team von Dr. Joel Schick und Dr. Marcus Conrad hat ein neuartiges Testsystem entwickelt, mit dem sich Medikamentenkandidaten auf ihre schützende Wirkung testen lassen: Hierzu nutzen sie Zellen, denen bestimmte Gene fehlen und welche dadurch besonders viele reaktive Sauerstoff-Spezies bilden. Die Zellen sterben also, sofern die zum Tode führenden Signalkaskaden nicht durch einen Wirkstoff gehemmt werden. Durch ein halbautomatisches Roboter-System und ein automatisiertes Auslesen der Vitalität der Zellen können so sehr schnell große Mengen an Wirkstoffkandidaten getestet werden. Die aussichtsreichsten Kandidaten sollen dann im Rahmen von Tierstudien validiert und zu neuroprotektiven Medikamenten weiterentwickelt werden.

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