Nachrichten

EU-Förderung in Millionenhöhe: 6 Life Sciences-Forschungsprojekte in Bayern erhalten ERC-Grants

Foto: © Shutterstock/tilialucida

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bayerischer Universitäten in München, Erlangen-Nürnberg und Würzburg erhalten vom Europäischen Forschungsrat (ERC) für das Jahr 2022 einen der international hoch angesehenen ERC Consolidator Grants für ihre Forschung. 6 Projekte sind im Bereich der Life Sciences angesiedelt und beschäftigen sich u.a. mit KI-gestützter medizinischer Bildanalyse, Nano-Transportsystemen für RNA-Medikamente und Molekülen, die Krebszellen am Wachstum hindern.

Insgesamt gingen 16 Millionen an Forschungsprojekte in Bayern. Die je mit bis zu 2 Millionen Euro dotierten Projektförderungen erhalten 8 Forschende der Technischen Universität München (TUM/3) sowie des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München (MRI/1), der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU/2), der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU/1) und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU/1). 6 ERC Consolidator Grants entfallen dabei auf Projekte in der Life Sciences-Forschung.

Lars Mägdefessel, Professor für Molekulare Vaskuläre Medizin am Universitätsklinikum rechts der Isar der TUM und Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Herz- und Kreislauferkrankungen (DZHK), untersucht die Rolle von langer, nicht-kodierender RNA (IncRNAs) in Krankheitsprozessen. Im Projekt LongTx wird er untersuchen, wie lncRNAs in der Behandlung von Gefäßerkrankungen zukünftig eingesetzt werden können. Sein Fokus liegt dabei auf der Arteriosklerose in gehirnversorgenden Gefäßen, die Hauptursache von Schlaganfällen. Mehrere lncRNAs konnten er und sein Team identifizieren, die eine Rolle bei der Entstehung von Gefäßkrankheiten spielen. Deren Funktion und therapeutisches Potenzial soll nun in präklinischen Versuchsreihen untersucht werden. Mägdefessel ist zudem klinischer Partner im bayerischen Leuchtturmprojekt DigiMed Bayern, in dem eine datenbasierte Personalisierte Medizin am Beispiel der Volkskrankheit Atherosklerose vorangetrieben wird.

Prof. Dr. Bernhard Kainz vom Department Artificial Intelligence in Biomedical Engineering an der Friedrich Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg erhält die Forschungsförderung in Höhe von zwei Millionen Euro für ein Projekt zur automatisierten medizinischen Bildanalyse. Auf maschineller Intelligenz basierende Computerprogramme sollen angeleitet werden, menschliches Gewebe anhand von diagnostisch gewonnenem Bildmaterial sicher als „voraussichtlich gesund“ oder „eventuell krank“  zu erkennen. Ziel ist der Einsatz der Tools in der medizinischen Diagnostik, die die dort tätigen Fachleute im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen unterstützen und entlasten sollen.

An Membranproteinen forscht Matthias J. Feige, Professor für Zelluläre Proteinbiochemie am Institute for Advanced Study der TUM und Leiter des TUM Innovation Network Next Generation Drug Design. Eines seiner Forschungsteams untersucht Membranproteine hinsichtlich ihrer Herstellung und Kontrolle in der Zelle. Fehler in der Struktur von Membranproteinen können Erkrankungen wie Krebs und neurodegenerative Störungen verursachen. Wie solche defekte Proteine erkannt und abgebaut, aber auch repariert werden, soll Ansätze für die Behandlung vieler schwerer Krankheiten liefern.

Mit dem ERC Consolidator Grant möchte Prof. Nina Henriette Uhlenhaut, Professorin für Metabolic Programming der TUM und Direktorin des Instituts für Diabetes und Endokrinologie bei Helmholtz Munich, die Auswirkungen von erhöhten Glukokortikoide-Hormonspiegeln im Rahmen von Diäten untersuchen. Im Projekt GRACE sollen ernährungsspezifische, ,,verjüngende" Proteine und Gene identifizieren werden, die auf unsere innere, zirkadiane Uhr Einfluss nehmen. Mit der Untersuchung der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen von Stresshormonen sollen neue pharmakologische oder ernährungsbedingte Interventionen für ein längeres und gesünderes Leben identifizieren werden.

Prof. Dr. Olivia Merkel hat den Lehrstuhl für Drug Delivery im Department Pharmazie der LMU inne. Sie forscht an neuartigen Nano-Transportsystemen, mit denen Medikamente gezielt lokal verabreicht werden können. Im Projekt RatInhalRNA (Rational and Simulation-Supported Design of Inhalable RNA Nanocarriers) will Merkel effiziente Medikamente auf siRNA-Basis entwickeln, die per Inhalation über die Lunge verabreicht werden können. Derzeit verfügbare siRNA-Formulierungen für Inhalation sind jedoch nicht geeignet, daher will Merkel erstmalig mit Simulationen der Molekulardynamik und Methoden des maschinellen Lernens neue Nano-Transporter für kurze siRNA-Abschnitte entwickeln.

Prof. Dr. Elmar Wolf ist Professor für Tumorsystembiologie am Lehrstuhl für Biochemie und Molekularbiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Im Projekt PROTAC-PDAC forschen er und sein Team an onkogenen Transkriptionsfaktoren bei Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die sogenannte PROTACs (proteolysis targeting chimeras) sind kleine Moleküle, die an Zielproteine binden und damit den zellulären Abbau initiieren. Werden diese Zielproteine von Krebszellen zum Überleben benötigt, könnten sie als neue Wirkstoffe in der Krebstherapie fungieren. Erste Zielmoleküle, die für das Wachstum der Krebszellen beim Bauchspeicheldrüsenkrebs unbedingt erforderlich sind, hat Wolf bereits identifiziert. Zahlreiche PROTACs hat die Gruppe für eine Reihe von Krebsarten bereits entwickelt und dabei tiefe Einblicke in die zugrunde liegenden Design-Prinzipien und Syntheseverfahren gewonnen.

Weitere Forschungsgebiete in Bayern erhalten Förderung
Neben den Forschungsgebieten Lebenswissenschaften (Life Sciences), werden die Grants in den Bereichen Physikalische und Ingenieurswissenschaften (Physical Sciences and Engineering) sowie Sozial- und Geisteswissenschaften (Social Sciences and Humanities) vergeben. Weitere geförderte Projekte waren:

Klimaforschung: Prof. Dr. Jia Chen, TUM School of Computation, Information and Technology, Technische Universität München (TUM)

Geschichtswissenschaften: PD Dr. Martin Biersack, Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)

ERC Consolidator Grant 2022 fördert mit 657 Millionen Euro
Mit dem Consolidator Grant unterstützt der ERC in diesem Jahr europaweit 321 bereits etablierte und herausragende Forschende mit 657 Millionen Euro beim Aufbau und der Konsolidierung ihrer Forschungsteams zur Durchführung eines bestimmten Forschungsprojekts. Die Projekte werden für einen Zeitraum von fünf Jahren mit jeweils bis zu 2 Millionen Euro gefördert. Entscheidend ist dabei die wissenschaftliche Exzellenz des Forschungsprojekts.