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Fachkräftemangel in der Biotechnologie: Brücken bauen, aufeinander zugehen, weniger Bürokratie und etwas weniger Goldstandard, dafür aber schneller

© BioM

Der Fachkräftemangel hat die bayerische Biotechnologie erreicht und bedroht das zuletzt attestierte stabile Wachstum und die starke Position der Branche in Forschung und medizinischer Innovation. Darüber diskutierten Experten der 10. Livetalk-Runde des FORUM Science & Health - Live aus dem WERK 1 von BioM zum Thema: "Spitzentechnologie ohne Fachkräfte – Welche Anreize braucht die Generation Z?". Moderatorin Jeanne Turczynski sprach mit ihren Gästen über strukturelle Probleme wie Wohnungsnot und fehlende Pflegekräfte, diskutierte Anforderungen und Bedürfnisse der Generation Z sowie Maßnahmen zur langfristigen Sicherung von Fachkräften durch frühzeitige Bildungsangebote und ein unbürokratisches Fachkräftezuwanderungsgesetz.

Letztendlich waren sich die geladenen Experten des Livestream-Diskussion einig: Man müsse umdenken und aufeinander zugehen, Brücken bauen und unbürokratischer werden. Offenheit und die Entscheidung für verschiedene Arbeitskonzepte sei einer von vielen Bausteinen, die dem Fachkräftemangel entgegengesetzt werden können. Das parallel zum Livestream verabschiedete Fachkräftezuwanderungsgesetz wurde live gleich mitdiskutiert. Wenig Bürokratie wünschten sich die Referenten und manchmal würde beim Ausbildungsstandard auch der Bronzestandard ausreichen, wenn die ausländischen Fachkräfte dafür schnell zur Verfügung stünden.

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Als Gäste begrüßte BioM als Vertreter der Generation Z Kemal Baskaya, Masterstudent Molecular Life Sciences an der Friedrich-Schiller Universität Jena, für die Ausbildungsperspektive Prof. Dr. Claudia Brand, Dekanin der Fakultät für Bioingenieurwissenschaften und Professorin für Automatisierungstechnik & Informatik an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, sowie Andreas Schmitz ist Chief HR/People Officer beim Münchener Biotech-KMU NanoTemper Technologies GmbH und Ivor Parvanov, Rechtsanwalt und Geschäftsführer sowie Leiter der Abteilung Sozial- und Gesellschaftspolitik beim vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. als Vertreter der Industrie und Biotech-KMU.

Sie skizzierten, wie Maßnahmen durch Unternehmen und Politik aussehen könnten, um junge, gut ausgebildete, aber rare Talente zu gewinnen und halten zu können.

Kemal Baskaya, führte an, dass der Kampf um Talente von Morgen begonnen hat und die Unternehmen um die gut ausgebildeten Berufseinsteiger der Generation Z buhlen. Das habe diese erkannt und er fände es legitim, dass sie ihre Anforderungen deutlich formuliert. Er appellierte an die Unternehmen, einen partizipatorischen Ansatz für Mitarbeitende zu erfolgen: Er wünscht sich Flexibilität, Ausgleiche, ernst genommen zu werden, keine autoritären Führungskräfte, und Selbstverwirklichung. „Unternehmen und Arbeitnehmende müssen aufeinander zugehen“!

Andreas Schmitz erzählte über seine Erfahrungen mit den Bedürfnissen und Ansprüche der Generation Z und wie NanoTemper junge Fachkräfte gewinnt: „Fachkräfte bekommen wir durch aktives Rausgehen, suchen, sich anstrengen. Wir gehen auf den Einzelnen ein. Flexibilität ist wichtig, Wertschätzung und Selbstverwirklichung. Und der höhere Sinn: das ist im Bereich LifeSciences gegeben: dem Patienten zu helfen. Das zieht!“ Für Fachkräfte aus dem Ausland wünscht er sich mehr staatliche Unterstützung: „Fachkräfte aus dem Ausland müssen vom Staat begleitet werden, ebenso wenn die Familie mitkommt. Da müssen Rahmenbedingungen gesetzt werden, z.B. wenn die Kinder die Schule besuchen sollen und es reiche der Bronze- statt Goldstandard, aber bitte doppelt so schnell.“

Ivor Parvanov, dagegen sah das Problem des Fachkräftemangels globaler: „Es gibt einen neuen Erkenntnisprozess, neue Realitäten. Arbeitnehmer haben andere Erwartungshorizonte als früher. Aber in den LifeSciences sind die Bewerber sehr motiviert. Entscheidend ist neben Anreizen eine intrinsische Motivation: Also eine sinnvolle Aufgabe!“ Das „One-size-fits-all" der Politik sei das Falsche, auch wünsche er sich weniger Bürokratie, insbesondere bei der Zuwanderung von Fachkräften.

Prof. Dr. Claudia Brand empfahl auf die Frage, wie langfristig der Fachkräftenachwuchs gesichert werden könnte: „Man müsse schon in den Schulen ansetzen, um die Schüler für die MINT-Themen zu begeistern und in die entsprechende Ausbildung zu führen. Es bedarf es aber auch an monetären Anreizen und Entlastung durch bezahlbaren Wohnraum, um die notwendigen Fachkräfte zu sichern.“ Es würde jedoch hervorragend und praxisnah in den Life Sciences ausgebildet und die Generation Z sei sehr engagiert.

BioM organisiert das FORUM Science & Health im Auftrag des Bayerischen Wirtschaftsministeriums. Das digitale Format behandelt jeweils aktuell diskutierte und relevante Themen für die bayerische Biotechnologie-Branche und wird 3 Mal im Jahr live aus dem WERK1 in München als Livestream übertragen. Interessierte können kostenlos live dabei sein und Fragen stellen.