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Forschende der TU München finden Ursache für Schlafstörungen bei Herzschwäche

Prof. Dr. Stefan Engelhardt, Leiter des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie im Labor. © TUM / Andreas Heddergott

Rund ein Drittel der Menschen mit Herzschwäche hat Schlafprobleme. Ein Team der Technischen Universität München (TUM) konnte zeigen, dass Herzerkrankungen sich auf die Produktion des Schlafhormons Melatonin in der Zirbeldrüse auswirken. Die Studie belegt eine bislang unerkannte Rolle der Ganglien und zeigt Therapieansätze auf. Die Ergebnisse wurden nun im Fachmagazin „Science“ veröffentlicht.

Ein Team um Prof. Stefan Engelhardt, Leiter des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie am Klinikum rechts der Isar der TUM und Erstautorin Dr. Karin Ziegler, konnte nachweisen, dass es eine direkte Ursache für Schlafstörungen von Menschen mit Herzerkrankungen gibt.

Die Verbindung zwischen Herz und Zirbeldrüse bildet ein Nervenknoten (Ganglion) im Hals. Dass der Melatonin-Spiegel bei Erkrankungen des Herzmuskels, etwa nach einem Herzinfarkt, sinken kann, ist schon länger bekannt. Bislang wurde dies eher als Beispiel dafür gesehen, wie Herzschwäche sich als Systemerkrankung auf den gesamten Körper auswirkt. Melatonin wird in der Zirbeldrüse produziert, die im Inneren des Gehirns liegt. Wie das Herz wird diese über das vegetative Nervensystem gesteuert, das automatische Abläufe im Körper regelt. Die beteiligten Nerven haben ihren Ursprung unter anderem in den Ganglien. Für Herz und Zirbeldrüse ist besonders das obere Halsganglion wichtig.

„Wir zeigen in unserer Arbeit, dass sich die Probleme des Herzmuskels auf ein Organ auswirken, zu dem es auf den ersten Blick keine direkte Verbindung gibt“, sagt Stefan Engelhardt.

Das Team stellte fest, dass sich im Halsganglion von Mäusen mit Herzschwäche Fresszellen, die Makrophagen, ansammeln. Die Fresszellen führen dazu, dass sich in dem Ganglion Entzündungen und Vernarbungen bilden und Nervenzellen zerstört werden. Lange Ausläufer dieser Nervenzellen, die Axone, führen bei Mäusen wie bei Menschen zur Zirbeldrüse. Bei fortgeschrittener Krankheit war die Zirbeldrüse durch deutlich weniger Axone an das Nervensystem angebunden. Die Menge von Melatonin im Körper der Tiere war verringert, zudem waren ihre Tag-Nacht-Rhythmen gestört.

Vergleichbare organische Auswirkungen zeigten sich bei Menschen. Das Team untersuchte Zirbeldrüsen von neun Herzpatient:innen. Im Vergleich zur Kontrollgruppe waren deutlich weniger Axone zu finden. Wie bei den Mäusen war das obere Halsganglion von Menschen mit Herzerkrankungen vernarbt und deutlich vergrößert.

Die Forschenden nehmen an, dass die negativen Auswirkungen der abgestorbenen Axone in einem fortgeschrittenen Stadium permanent sind. In einem frühen Stadium konnte bei  Mäusen die Melatoninproduktion durch medikamentöse Zerstörung der Makrophagen im oberen Halsganglion wieder auf den ursprünglichen Stand gebracht werden. Die Hoffnung ist, auf diese Erkenntnisse hin, Medikamente entwickeln zu können, die irreparable Schlafstörungen nach einer Herzerkrankung verhindern. Das ist eine der Aufgaben, denen sich das TUM-Team in den kommenden Jahren widmen wird.

Ferner könnten Verbindungen zwischen anderen Erkrankungen in Organen, die durch Ganglien als Schaltstationen verbunden sind, Ansatzpunkte für neue Wirkstoffe darstellen. Und auch für die Diagnose könnten sich die vergrößerten Ganglien als Indikator für Herzversagen eignen. Ihre Größe ließe sich leicht mit einem herkömmlichen Ultraschallgerät überprüfen, bevor sich weitere aufwendigere Untersuchungen des Herzens anschließen.