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m4 Award Gewinner Marcus Conrad von Helmholtz Munich entdeckt neuen Ansatz in der Krebstherapie mit Ferroptose

Der m4 Award-Gewinner von 2017 hat neuen Ansatz für die Krebstherapie entdeckt: Dr. Marcus Conrad (rechts), Direktor des Instituts für Metabolismus und Zelltod bei Helmholtz Munich mit Toshitaka Nakamura, Ph.D.-Student am Institut für Metabolismus und Zelltod bei Helmholtz Munich. © Helmholtz Munich/Claudia Dalke

m4 Award 2017 Gewinner Team © BioM

Ein Team von Forschenden unter der Leitung des Gewinners des Pre-Seed Wettbewerbes m4 Award 2017, Dr. Marcus Conrad von Helmholtz Munich, hat einen neuartigen Wirkstoff zur Krebsbehandlung namens icFSP1 entdeckt, der die Empfindlichkeit von Krebszellen für Ferroptose erhöht, einem Prozess, bei dem es zu einer eisenabhängigen oxidativen Zerstörung von Zellmembranen kommt. Damit wurde eine neue Art der Tumorbekämpfung aufgezeigt und somit ein neuer Ansatz in der Krebstherapie eröffnet.

Resistenzen gegen Chemotherapien und Metastasenbildung sind hoch relevante medizinische Probleme bei der Behandlung von Krebs. Entscheidend hier ist, dass während der Metastasierung oder einer Veränderung des Zellmetabolismus bestimmte bösartige Krebszellen eine inhärente Anfälligkeit für Ferroptose erlangen. Daher stellt das gezielte Auslösen von Ferroptose einen vielversprechenden Ansatz in der Krebstherapie dar. Der Ferroptose entgegen wirkt das Ferroptose-Suppressorprotein-1 (FSP1). Obwohl FSP1 ein wirksames Ziel von Krebstherapien ist, fehlten bislang in vivo wirksame FSP1-Inhibitoren, die das Enzym im Körper deaktivieren.

Daher hat das Forscherteam um Marcus Conrad, Direktor des Instituts für Metabolismus und Zelltod bei Helmholtz Munich und  m4 Awardee 2017, die Effektivität von rund zehntausenden kleinen Molekülverbindungen evaluiert und den neuen wirksamen in vivo Wirkstoff icFSP1 identifiziert und zugleich den Wirkmechanismus entschlüsselt, der eine Phasentrennung von FSP1 auslöst. Dadurch hemmt icFSP1 das Tumorwachstum im Körper stark und führt zu einer Kondensierung und Inaktivierung von FSP1 im Tumorgewebe. Durch die Phasentrennung von FSP1 und der Auslösung von Ferroptose wurde somit eine neue Art der Tumorbekämpfung aufgezeigt.

icFSP1 ist ein wirksamer FSP1-Inhibitor

Bereits im Jahr 2019 hatte ein Team von Forschenden um Marcus Conrad, Direktor des Instituts für Metabolismus und Zelltod bei Helmholtz Munich, den ersten spezifischen FSP1-Inhibitor identifiziert, auch bekannt als iFSP1. "Allerdings ist diese Verbindung für die in vivo-Anwendung nicht geeignet und zeigt bei hoher Konzentration unerwünschte Nebenwirkungen", erklärte Conrad.

Um für die Behandlung im Körper anwendbare aktive Ferroptose-Induktoren mit einer Wirkung auf FSP1 zu identifizieren, führte das Team ein Screening von kleinen Molekülen in Zellen mit einer anschließenden DMPK ("Drug metabolism and pharmacokinetics")-Validierungsstudie durch. Dies führte zur Identifizierung von icFSP1 als neue Klasse von chemischen Verbindungen, die viele menschliche Krebszellen für Ferroptose empfindlich machen und das Tumorwachstum im Körper abschwächen können.

icFSP1 löst eine Phasentrennung von FSP1 aus

Des Weiteren führten die Forschenden eine eingehende Untersuchung des zugrunde liegenden Wirkungsmechanismus von icFSP1 durch. Dabei konnten sie zeigen, dass icFSP1 die Enzymaktivität von FSP1 nicht direkt hemmt, sondern eine subzelluläre Relokalisation von FSP1 auslöst, die in einen spezifischen Prozess, der sogenannten Phasenseparation, involviert ist. Diese Ergebnisse stehen somit im Gegensatz zum Wirkungsmechanismus des ersten FSP1-Inhibitors iFSP1.

Ferroptose und Phasentrennung als zentraler Ansatzpunkt für neuartige Therapien

Die Ferroptoseforschung erfährt große Aufmerksamkeit in vielen Bereichen wie Krebs, bei neurodegenerativen Krankheiten und bei Ischämie/Reperfusions-bedingten Erkrankungen. Auch der Prozess der Phasentrennung, ein grundlegendes physikalisches Phänomen, spielt bei einer Vielzahl an Krankheiten eine Rolle. Die Ergebnisse dieser Studie enthüllen zum ersten Mal eine Verknüpfung zwischen der Ferroptose und der Phasentrennung, die bei der Entwicklung neuartiger therapeutischer Strategien für Krankheiten eine zentrale Rolle spielen wird.

Originalpublikation: Nakamura et al, (2023): Phase separation of FSP1 promotes ferroptosis, Nature. DOI: 10.1038/s41586-023-06255-6

Über den m4 Award

Mit dem 2011 von BioM initiierten m4 Award fördert der Freistaat Bayern innovative Produkte, Technologien oder Dienstleistungen junger Unternehmen, welche die Weiterentwicklung der Medizin der Zukunft entscheidend vorantreiben. Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben. In den bislang sechs Ausschreibungsrunden wurden insgesamt 30 Forschungsprojekte ausgezeichnet. 14 Ausgründungen konnten seither realisiert werden.