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Penzberg: Roche investiert 600 Mio. Euro in Diagnostik-Produktionszentrum, zukünftige Investitionen auf dem Prüfstand

Roche in Penzberg wächst weiter. Der Konzern investiert 600 Mio Euro in ein neues Diagnostik-Produktionsgebäude im Norden des Werks im oberbayerischen Nonnenwald. © Roche Penzberg

Roche investiert an seinem Standort Penzberg südlich von München rund 600 Millionen Euro in ein neues Diagnostik-Produktionszentrum. Das gab das Pharmaunternehmen bei der Verkündigung der aktuellen Deutschlandzahlen bekannt. Daneben kritisiert der Konzern die Rahmenbedingungen durch das Gesetz zur Stabilisierung der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Es ist die bisher größte Investition von Roche in ein einzelnes Gebäude in Penzberg. Im neuen Diagnostik-Produktionszentrum am Standort Nonnenwald in Penzberg sollen zukünftig Einsatzstoffe für eine Vielzahl an diagnostischen Tests hergestellt werden – beispielsweise zum Nachweis von Herz-Kreislauf- oder Infektionserkrankungen. Damit will Roche den Biotechnologie-Campus in Penzberg als Zukunftscampus weiter stärken. Der Neubau soll voraussichtlich bis 2027 fertiggestellt sein und schrittweise über zwei Jahre in Betrieb genommen werden. Man erhöhe damit die Produktionskapazität erhöhen und löse alte Produktionsgebäude auf dem Werksgelände aus Effizienz- und Nachhaltigkeitsgründen ab.

Starkes Signal an Standort Penzberg

Die künftige Produktionsstätte von über 500 biochemischen Einsatzstoffen ist auf dem Gelände der Norderweiterung geplant. Weltweit wurden im vergangenen Jahr auf Roche-Systemen rund 29 Mrd. diagnostische Tests durchgeführt. In fast allen davon seien ein oder mehrere Einsatzstoffe enthalten, die in Penzberg hergestellt wurden. Für die Realisierung des neuen Geäudes wurde bereits eine Fläche von 7,5 Hektar gerodet, verbunden mit einer Aufforstung und Renaturierungsprojekten, wie Roche betont. Der genaue Standort sowie die Dimensionen des Gebäudes seien noch nicht spruchreif, momentan laufe die Analyse durch Fachleute. Angedachter Termin für den Baubeginn ist Sommer 2023. Mit der Großinvestition gehe ein moderater Personalanstieg einher, durch Rückbau alter Produktionsgebäude auf dem Werksgelände gewinne man auch Personal für das neue Gebäude.

Der Zukunftscampus in Penzberg sei „ein starkes Signal an den Standort Penzberg“, so Paul Wiggermann, Werkleiter in Penzberg. Der Standort spiele eine „zentrale Rolle im Roche-Konzern sowie in der Versorgung von Patienten und Patientinnen“.

Roche sieht in neuem Gesetz Angriff auf Innovationen und Investitionen in der Pharmabranche

Neben der großen Freude über die Investition, die schon seit ein bis zwei Jahren geplant seien, habe man jedoch auch Sorge über die Entwicklung besonders durch gesundheitspolitische Rahmenbedingungen, so Wiggermann. Weitere Investitionen stünden auf dem Prüfstand.

Im Rahmen der Bekanntgabe der aktuellen Roche-Deutschlandzahlen, kritisierte Prof. Hagen Pfundner, Vorstand der Roche Pharma AG, das sogenannte GKV-Finanzstabilisierungsgesetz: „Uns wird in Deutschland mehr und mehr die Luft abgeschnürt“. Gepaart mit steigender Inflation, höheren Energiekosten und Lohnkostensteigerungen, würden Innovationen stark gebremst und die Leitindustrie auf dem Spiel stehen. In der Politik „fehle das Grundverständnis für den Markt“. „Wer Investitionen in Forschung und Produktion für Pharma und Diagnostik in Deutschland nicht nur heute, sondern auch morgen halten und die Lieferketten- und Versorgungssicherheit für Patienten gewährleisten will, sollte alles daran setzen, den Standort Deutschland zu stärken“, so Pfundner.

Das umstrittene GKV-Finanzstabilisierungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht einen um fünf Prozentpunkte erhöhten Herstellerabschlag insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel und einer Verlängerung des Preismoratoriums für Arzneimittel bis Ende 2026 vor. Konkret würde das Gesetz durch Zwangsabschläge und weitere Kostensteigerungen über 40% Einbußen ausmachen. Gerade Kombinationstherapien in der Krebsbehandlung wären hiervon betroffen, erklärte Pfundner. Monotherapien könnten dadurch wirtschaftlicher werden, obwohl sie eventuell weniger wirksam wären.

Es drohe eine Verlagerung ins Ausland, im Bereich kleine Moleküle sei dies schon nach Asien passiert. Diese Entwicklung wolle man für Zell- und Gentherapien verhindern. Die Gesundheitspolitik und Wirtschaftspolitik gehe Hand in Hand, so Pfundner. „Das wird hier bewusst ausgeblendet“.

Dr. Claudia Fleischer, Geschäftsführerin der Roche Diagnostics GmbH betonte,  “Investitionen sind kein Selbstläufer im internationalen Standortwettbewerb". sie hoffe, dass "Deutschland offen für Innovationen" bleibe und eine "neue Deutschland-Geschwindigkeit" schaffe. Nur so könne Deutschland auch in Zukunft ein zentraler Standort für Investitionen und Wertschöpfung bleiben.

Umsatz leicht rückläufig, Rekordumsatz in Pharma-Sparte

Insgesamt blickt Roche in Deutschland auf einen Gesamtumsatz von 8,1 Mrd. Euro für das Geschäftsjahr 2022, der damit um 14,8 % leicht rückläufig ist. Der Konzern begründet dies mit den weniger starken Umsätzen mit Produkten gegen COVID-19. Mit dem Übergang vom pandemischen in den endemischen Zustand steht das Kerngeschäft wieder im Fokus. Dieses ist gewachsen, dank Neueinführungen und innovativer Lösungen wie etwa der maßgeblich in Penzberg entwickelte und dort auch produzierte Antikörper Vabysmo gegen Diabetisches Makulaödem und altersbedingte feuchte Makuladegeneration. In der Pharma-Sparte verzeichnete man einen Rekordumsatz von zwei Mrd. Euro mit einem Wachstum von 6,6 %. Dies bestätige die erfolgreiche Portfoliotransformation und die starke Nachfrage nach neuen, innovativen Medikamenten. In der Diagnostik-Sparte sehe man eine gute Entwicklung im Kerngeschäft (+7,9 %) mit einem Umsatz von rund 694 Mio. Euro. Im Bereich Diabetes-Care beläuft sich der Umsatz auf 162 Mio. Euro (-9,3 %). Rund 18.000 Mitarbeitende arbeiteten 2022 an den Roche-Standorten in Deutschland, davon rund 7.500 in Penzberg.