Während in Bayern und anderen Biotech-Regionen die detaillierten Firmenumfragen noch laufen, hat der nationale Branchenverband BIO Deutschland schon einmal in die Gefühlswelten der Biotech-Unternehmer geblickt und gemeinsam mit dem Fachmagazin transkript nun die erste Diagnose bekanntgegeben. Demnach könnte man kurz zusammenfassen: Patient stabilisiert, aktueller Zustand unkritisch, zukünftiger Rückfall aber nicht ausgeschlossen.
Und so liest sich das in größerem Detail aus dem Berliner Biotechnologie-Verband:
Trotz gedämpfter Zukunftserwartungen sieht die Biotechnologie-Branche demnach ihre aktuelle Lage gegenüber dem Vorjahr verbessert. Die Investitionsbereitschaft der deutschen Betriebe steigt deutlich. Allerdings deutet sich bei den Personalausgaben gegenüber dem Vorjahr eine Zurückhaltung an. Die politischen Rahmenbedingungen für Biotechnologie-Unternehmen werden ungünstiger eingeschätzt als Anfang 2012. Das ergab eine Umfrage des Verbandes der Biotechnologie-Industrie, BIO Deutschland, in Kooperation mit dem Branchenmagazin |transkript. Im Rahmen einer Pressekonferenz werden die Ergebnisse der Befragung heute in Berlin vorgestellt.
Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sollen stärker steigen als noch in den Vorjahren. Mit einem Indexwert von 96,1 Punkten (+2,35) erreicht die Investitionsbereitschaft den höchsten Wert seit dem Jahr 2006. Neue Systeme zur Verarbeitung biologischer Daten und die immer schnellere und kostengünstigere Erforschung des Genoms haben den Unternehmen in den vergangenen Jahren einen technologischen Schub gegeben.
Die steigende Ausgabenbereitschaft bezieht sich jedoch nicht auf die Personalkosten. Diese sollen im kommenden Jahr weniger stark steigen (-2,26 Punkte auf einen Indexwert von 92,52) als noch 2012. Traditionell lagern die kleinen und mittleren Unternehmen kostspielige Prozesse wie etwa die klinische Forschung an spezialisierte Dienstleister aus. Angesichts knapper Kassen dürfte dieser Trend weiter zunehmen.
Einem langjährigen Trend folgend ist auch im vergangenen Jahr die positive Einschätzung der aktuellen Geschäftslage unter den Biotech-Unternehmen weiter gestiegen (+0,3 Punkte auf einen Indexwert von 96,49). Das ist der beste Wert seit dem Krisenjahr 2008. Für die Zukunft ist man mit der Einschätzung der Lage allerdings vorsichtiger. Der Indexwert sank um 1,37 Punkte auf 90,99.
Das politische Klima in Deutschland wird zunehmend kritischer eingeschätzt. Mit einem Indexwert von 91,7 Punkten (-2,05) erreichte die Stimmung den zweitschlechtesten Wert seit 2006. Dass sich die Rahmenbedingungen zukünftig ändern, daran glauben immer weniger Unternehmer. Die Zukunftserwartungen lagen mit 84,65 Punkten (-3,28) ebenfalls schlechter.
Peter Heinrich, Vorstandsvorsitzender der BIO Deutschland, bilanziert: „Obwohl die Finanzierungskrise anhält, haben sich deutsche Biotech-Unternehmen mit eigenen Produkten und innovativen Projekten an der Spitze des technologischen Wettbewerbs positioniert.“
Andreas Mietzsch, Herausgeber von „transkript“: „Die Bioökonomie nimmt konkrete Formen an. Allerdings ist es momentan eher eine Evolution als eine Revolution. Langsam, aber stetig setzen sich nachhaltige Verfahren durch. Das Interesse der Industrie an biotechnologischem Know-how ist größer denn je.“
Viola Bronsema, Geschäftsführerin der BIO Deutschland kommentiert: „Die deutschen Biotechnologie-Unternehmen sind krisenfest. Der von der Regierung in Aussicht gestellte politische Rückenwind lässt aber noch immer auf sich warten.“