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TUM-Forschende nutzen Zuckermolekül zum zielgerichteten Transport von RNA-Wirkstoff

Mit einem RNA-basierten Wirkstoff könnten in Zukunft schwere Lungenentzündungen, etwa bei Corona-Erkrankungen, verhindert werden. Forschende der TUM haben den Wirkstoff und einen innovativen Transportmechanismus entwickelt. Ein Spin-Off der TUM will Anfang 2024 erste klinische Studien starten. © istockphoto/utah778

Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben einen RNA-Wirkstoff für ein Lungen-Spray entwickelt. Das Inhalations-Medikament soll die häufige Über-Aktivität von Immunzellen bremsen, die für Lungenschäden bei Erkrankungen wie Covid-19 bei den Betroffenen verantwortlich sind und schwere Lungenentzündungen verursachen. Ein neuer, zuckerbasierter Transportmechanismus bringt den Wirkstoff besonders effektiv an sein Ziel. Laufende Studien zum Nachweis der Sicherheit des Medikaments und geplante erste klinische Studien im Menschen in 2024 verantwortet das TUM-Spin-off rnatics.

Der von einem Team um Stefan Engelhardt, Professor am TUM-Institut für Pharmakologie und Toxikologie, entwickelte Wirkstoff mit dem Namen RCS-21 soll schwere Lungenentzündungen und Fibrosen, also Vernarbungen des Lungengewebes, etwa bei SARS-CoV2-Infektionen verhindern. In der Zelle stoppt RCS-21 die Aktivität des Moleküls microRNA 21, eine Nukleinsäure und Auslöser für die übermäßige Aktivität der Makrophagen bei schweren Lungenentzündungen.

Makrophagen, die Fresszellen des Immunsystem, sind in der Lunge zahlreich vorhanden und erkennen Eindringlinge wie Bakterien und Pilzsporen anhand komplexer Zuckermoleküle auf deren Oberfläche. In Einzelzellanalysen stellte das Team fest, dass die entsprechenden Zucker-Rezeptoren zu den häufigsten Rezeptoren auf den Makrophagen gehören und gewissermaßen ein Alleinstellungsmerkmal darstellen. Dieses spezielle Merkmal machten sich die Forschenden zunutze.

Das Team koppelten den Wirkstoff an ein spezielles Zuckermolekül, an Trimannose. Studien mit Mäusen zeigten klare Ergebnisse: Wurde das Medikament als Spray verabreicht, nahmen die Makrophagen den Wirkstoff deutlich besser auf als ohne Zuckermoleküle. In Versuchen mit Mäusen sorgte RCS-21 dafür, dass microRNA 21 im Vergleich zu Kontrolltieren um mehr als die Hälfte reduziert war. Fibrosen und Entzündungen waren nach einer Behandlung ebenfalls deutlich reduziert. Auch in Proben von menschlichem Lungengewebe, das im Labor mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert wurde, konnte eine gesteigerte Aktivität von microRNA-21 durch eine Behandlung mit RCS-21 gestoppt werden.

Die Studien zum Nachweis der Sicherheit des Medikaments laufen bereits, erste klinische Studien im Menschen sind für 2024 angestrebt. Verantwortlich ist das Start-up rnatics, eine Ausgründung der TUM. 2021 erhielt das Spin-off für die Entwicklung eines Medikaments eine Förderung des Bundesforschungsministerium von rund 7 Millionen Euro.

Engelhardt, Mitgründer der rnatics, sieht großes Potenzial in der Mannose-Technologie, da so Nukleinsäure-basierte Wirkstoffe in der Lunge gezielt eingesetzt werden können. Die Technologie würde ein weites Feld zur Entwicklung neuartiger RNA-basierter Medikamente eröffnen.

Die Ergebnisse ihrer Arbeiten veröffentlichte das Team in „Nature Communications“.