Das Ende 2018 angelaufene Leuchtturmprojekt DigiMed Bayern soll die Entwicklung einer personalisierten, prädiktiven, präventiven und partizipatorischen Medizin (P4-Medizin) exemplarisch im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorantreiben. Das Projekt wird durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege mit über 20 Mio. Euro gefördert. DigiMed Bayern nutzt klinische und epidemiologische Daten und erweitert diese mit umfassender molekularer Charakterisierung (Omics-Technologien). Für die Integration, Analyse und Nutzung der resultierenden „Big Data“ wird eine ethisch und rechtlich konforme, sichere und zukunftsfähige digitale Infrastruktur grundlegend konzeptioniert und umgesetzt.
Deutschland bei Digitalisierung im Gesundheitswesen auf Platz 16 von 17 Ländern
Der aktuelle detaillierte Ländervergleich #SmartHealthSystems im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung legt schonungslos offen, wie sehr Deutschland bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens zurück liegt. In der Studie wurde ein Gesamtindex aus den drei Bereichen Policy Aktivität, Readyness und tatsächliche Datennutzung gebildet. Von 17 analysierten Ländern, davon 14 in Europa, liegt Deutschland mit nur 30 Punkten auf dem vorletzten Platz. Estland führt mit 82 Punkten und 13 Länder haben 50 Punkte und (meist deutlich) mehr. Die Studie bestätigt die dringende Notwendigkeit von Aktivitäten wie DigiMed Bayern.
Lernen von den international Besten: DigiMed Bayern Vortragsreihe
Das DigiMed Bayern Konsortium hat die Situation bereits in der Konzeptionsphase des Projektes antizipiert und die Thematik mit einer öffentlichen Vortragsreihe DigiMed Bayern Public Seminar adressiert. Im Rahmen dieser Veranstaltung stellen aus den führenden europäischen Ländern renommierte Wissenschaftler und Pioniere zeitgemäßer Infrastruktur und P4-Medizin-Projekte ihre Arbeit vor. Ziel ist die Standortbestimmung, Orientierung und Vernetzung für alle Akteure im bayerischen und deutschen Gesundheitssystem. Ein besonderer Fokus liegt auf Big-Data-Infrastrukturen für anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung im medizinischen Bereich.
Start mit „Local Star” aus München, Prof. Jan Baumbach
Am 9. Januar 2019 wurde die Vortragsreihe erfolgreich mit einer international hoch vernetzten, erst seit 2018 in München tätigem bayerischen „Ressource“ gestartet. Prof. Jan Baumbach von der TU München referierte zum Thema „Systems Medicine: A big data driven disruptive view on current medicine“. Nach der Aufweck-Frage, was Arnold Schwarzenegger mit Gen-Panels für Brustkrebs zu tun hat, stellte Prof. Jan Baumbach dem Publikum umfangreich hochrelevante Ergebnisse seiner Forschungsgebiete vor und bot von seinen Teams entwickelte open-source Tools an.
• KeyPathwayMiner: de novo biomedizinische network enrichment, solidere Identifikation relevanter assoziierter, Wirkmechanismen-basierender Sub-Netzwerke
• HiTSeekR: de novo Hochdurchsatz-Screening aus einer Netzwerk-Perspektiv
• GrandForest: de novo Endophänotypisierung mit einem neuen Graph-based Random Forest
Prof. Baumbach stellte auch das neue Journal Systems Medicine vor, dass er zusammen mit Prof. Harald Schmidt aus Maastricht aufgelegt hat. Das Editorenteam wird von führenden internationalen Wissenschaftlern gebildet.
Der Vortrag schloss mit einem Ansatz zur sicheren IT-Infrastruktur im Rahmen des H2020-Projektes FeatureCloud zur gemeinschaftlichen aber verteilten Auswertung von Patienten-basierten Daten, der über Blockchain-basierte Keys jederzeit einen anonymen Rückzug des Einverständnis vom Patienten erlaubt. Es wurde intensiv diskutiert, inwieweit der mit diesem Konzept assoziierte Verzicht auf umfassende Datenintegration nicht zu erheblichen Einschränkungen der wissenschaftlich-medizinischen Datennutzung führen könnte. Das H2020-Project REPO-TRIAL beschäftigt sich mit Standards für in silico drug repurposing und der Erstellung eines molekular-basiertem Netzwerk aller Krankheiten, dem „Diseasome“.
Eine offene und konstruktive Diskussion fand nach dem Vortrag statt, in der sowohl über wissenschaftlichen, als auch gesellschaftlichen und politischen Aspekten intensiv ausgetauscht wurden. Wir als Organisator dieser Vortragsreihe freuten uns sehr über den angeregten Austausch und das positive Feedback des Publikums. Wir freuen uns, Sie bei den nächsten Vorträgen im Deutschen Herzzentrum München mit Sprechern aus Luxembourg, Spanien und Estland zu begrüßen:
21.1.2019 : Prof. Dr. Reinhard Schneider, Systems BioMedicine - tying to merge basic research with health care data
25.2.2019: Prof. Dr. Andres Metspalu, tba.