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Erster Einzelzell-Atlas der Lunge veröffentlicht

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Helmholtz Munich Wissenschaftler haben mit einem internationalen Forscherteam den „Human Lung Cell Atlas“ entwickelt. Der Atlas zeigt die Diversität einzelner Lungenzelltypen auf und erlaubt Rückschlüsse darauf, welche Veränderungen das Alter, Rauchen, oder Lungenerkrankungen in den Zellen des Atmungsorgans verursachen. Er ist erste Einzelzell-Atlas eines großen Organs und wurde im Rahmen des „Human Cell Atlas“ (HCA), einem weltweiten Gemeinschaftsprojekt zur Kartierung des gesamten Körpers auf Einzelzellebene erstellt. Die Ergebnisse wurden nun in Nature Medicine veröffentlicht.

Fast 100 Partner und 60 internationale Institute wirkten mit, um die rund 2,4 Millionen Zellen der menschlichen Lunge zu analysieren. Damit ist ihnen die erste Kartierung eines großen Organs bis auf die Ebene der Einzelzelle gelungen. Dabei haben die Wissenschaftler auf künstliche Intelligenz und Machine Learning gesetzt und Daten aus nahezu 40 vorhandenen Lungenstudien kombiniert.

Für jede Zelle in diesem Lungenatlas wissen die Forschenden nun, welche Gene in welcher Zelle aktiv waren, und können so Rückschlüsse über die Funktionsweise dieser Zellen ziehen, auch darüber wie sich die Zellen von Personen je nach Alter, Geschlecht oder Krankheit unterscheiden.

Prof. Fabian Theis, Leiter des Computational Health Center, Direktor des Instituts für Computational Biology bei Helmholtz Munich und Professor an der Technischen Universität München (TUM), erklärt das Projekt: „Wir haben einen ersten ganzheitlichen Referenzatlas der menschlichen Lunge erarbeitet, der Daten von mehr als hundert gesunden Menschen enthält und zeigt, wie sich die Zellen von Individuen je nach Alter, Geschlecht und Rauchverhalten unterscheiden. Die Anzahl der berücksichtigten Zellen und Personen ermöglicht es uns nun, seltene Zelltypen zu erkennen und neue, noch nicht beschriebene Zellzustände zu identifizieren.“

Der Kern des „Human Lung Cell Atlas“ besteht zwar aus Daten gesunder Lungen, es wurden aber auch Datensätze von mehr als 10 verschiedenen Lungenkrankheiten einbezogen, um Krankheitszustände besser analysieren zu können. Die Forschenden konnten so beispielsweise identifizieren und definieren, welcher gemeinsame Zellzustand zwischen Lungenfibrose-, COVID-19- und Lungenkrebspatienten zu finden ist. Dadurch liefert der Atlas wertvolle Informationen, wie sich kranke Lungen von gesunden unterscheiden und Hinweise auf potentielle therapeutische Ziele.

Die Forschenden haben den Atlas vollständig öffentlich zugänglich gemacht. Er soll als zentrale Ressource für Ärzte und Wissenschaftler dienen, die die Lungenbiologie in Gesundheit und Krankheit besser verstehen und weitere Studien entwickeln wollen.

Originalpublikation
Sikkema et al. (2023): An integrated cell atlas of the lung in health and disease. Nature Medicine. DOI:10.1038/s41591-023-02327-2

Mehr zur Arbeit von Prof. Fabian Theis im BioM-Podcast:

Prof. Fabian Theis im BioM Podcast

Wir wollen die Sprache der Zellen verstehen und mit ihnen kommunizieren mit Prof. Fabian Theis von Helmholtz Munich / TUM